Tag Archiv für CeBIT

CeBIT – aber ohne mich

Die CeBIT findet in diesem Jahr ohne mich statt. Halleluja! Kein Mensch will freiwillig nach Hannover, schon gar nicht zu der Jahreszeit. Ich bin schon im Schnee über das Messegelände gefegt und von der Messe habe ich außer dem Pressezentrum nie viel gesehen.

Ein bisschen vermissen tue ich das ganze Theater aber schon. Die schlecht Englisch sprechenden CEOs japanischer Konzerne, die Kollegen von Reuters, die in den Pressekonferenzen immer mit ihren coolen Mini-Antennen und den schicken Notebooks beeindruckten und dann auch noch mit Fragen wie der Absatzentwicklung von PDAs in Indonesien im Vergleich zu Malaysia verunsichern (nur ein erfundenes Beispiel). Und die Pressesprecher, die sich gar nicht mehr an das erinnern wollen, was sie im vergangenen Jahr gesagt haben.

Aber am besten waren immer die Partys und Pressekonferenzen mit Björn, der damals noch für ddp arbeitete. ddp hatte auch keine coolen Antennen an Laptops, dafür aber gesellige Mitarbeiter, die tanzen können. Und die auch nicht so Fragen stellten wie die Kollegen von Reuters. Mir ist es leider nie gelungen auch mal so ne Angeberfrage zu stellen, bei nur der Frager und der CEO wissen, was gemeint ist. „Wie wollen Sie die Probleme in … in den Griff kriegen?“ Eine klassische CeBIT-Frage, die nur den einen Zweck hat: Die Kollegen verunsichern.

Aber die CeBIT wurde irgendwie von Jahr zu Jahr unlustiger und jetzt bin ich doch ganz froh, dass ich das nicht mehr habe. Und wenn ich lese, dass die Kanzlerin einen neuen Hightech-Gipfel angekündigt, dann habe ich nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse. Die Kollegen können ja die Berichterstattung von vergangenem Jahr noch einmal senden.

Wenn Journalisten über blinde Menschen schreiben

Es ist ein Phänomen: Wenn Journalisten über blinde Menschen und das Thema Blindheit schreiben, schreiben sie anders als sonst. Da geht es meist um Gefühle, man spürt förmlich wie fasziniert der Autor von seinem eigenen Thema ist – das muss nicht schlecht sein, führt aber oft zu Halbwahrheiten, die aus den eigenen, teilweise falschen Vorstellungen über Blindheit, resultieren. Ein schönes Beispiel ist der Artikel „Elektronischer Blindenhund“, den man gerade bei Spiegel Online lesen kann.

„Für viele Blinde und Sehbehinderte gibt es nur zwei Möglichkeiten: Sich einem ausgebildeten Führhund anvertrauen – oder zu Hause bleiben.“

So beginnt der Text nach dem Teaser prompt falsch. Die meisten blinden Menschen nutzen einen Blindenstock und kommen damit gut zurecht. Und selbst die, die gar nichts nutzen, sitzen nicht nur zu Hause.

„Gerade die Navigation in lauten und räumlich komplexen Großstadtumgebungen kann für Menschen, die nicht sehen können, zur gefährlichen und mühseligen Odyssee werden.“

Blinde Menschen orientieren sich nach Gehör. Da wird es schwieriger (aber nicht unmöglich!) sich zu orientieren, wenn alles leise ist, zum Beispiel kein Auto fährt und sie sich nicht am Verkehrsfluß orientieren können.

Gefährlich, mühselig – jaja, schon schlimm so ein Leben als blinder Mensch, denkt Autor offenbar und verbreitet das als Wahrheit.

„Routen müssen auswendig gelernt, die Umgebung mit dem Gehör ergründet werden – das heißt Wind, Regen oder eine schlichte Erkältung können die Orientierung bereits schwierig machen.“

Glückwunsch zum Spannungsbogen! Ich frage mich nur gerade, wie sich sehende Menschen in der Stadt orientieren: Routen müssen auswendig gelernt werden, die Umgebung mit den Augen ergründet werden – das heißt Schnee, Nebel oder einfach nur Dunkelheit können die Orientierung bereits schwierig machen.

Dann folgen Zitate (Krankenkassen zahlen nicht mehr, viel Verantwortung…). Es gibt einen Rechtsanspruch an die gesetzliche Krankenkasse für einen Blindenhund. Es ist richtig, den muss man erstmal durchsetzen. Das trifft aber auf jedes Hilfsmittel zu. Auch auf den Hightech-Blindenhund, der mit dem Artikel beworben wird.

„Zudem seien gerade Berufstätige kaum in der Lage, einem Tier ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken – und ein Führhund muss kontinuierlich weitertrainiert werden, damit er seine anspruchsvolle Aufgabe nicht verlernt.“

Gerade Berufstätige, die mit dem Blindenhund zur Arbeit gehen, trainieren den Hund bereits auf dem Hin- und Rückweg zum Arbeitsplatz. Mir sind eher Probleme bei Blindenführhundhaltern bekannt, die selbst kaum noch raus gehen.

„Außerdem wird ein Hund müde – mehr als zwei Stunden kann er in städtischer Umgebung nicht konzentriert führen, sagt Ritzler.“

Na was jetzt? Zu wenig Training oder zu viel? So pauschal kann man das nicht sagen. Das kommt doch auf den Hund und die Umstände an.

„Ritzler hat sich mit Blinden und Sehbehinderten unterhalten, hat sich ihre Sorgen und Probleme angehört (…)“

Natürlich. Sorgen und Probleme haben die Blinden und Sehbehinderten. Was sonst?

Es folgt eine Lobhudelei auf die tolle Erfindung:
„‚MYGO‘ ist gewissermaßen ein Blindenstock fürs 21. Jahrhundert.“

„Bei der Cebit wurde Ritzler dafür mit dem „Dyson Innovation Award 2006″ belohnt, mit dem der Staubsaugerhersteller alltagstaugliche aber ungewöhnliche Gestaltungsideen fördern will.“

Wieviele blinde / behinderte Menschen saßen in der Jury? Wieviele blinde Menschen haben das Gerät getestet?

Nicht, dass ich die Erfindung verteufele. Ich kenne sie ja nicht. Vielleicht ist sie wirklich ganz interessant. Aber doch bitte nicht so tun als wäre das die Rettung für blinde Menschen. Die leben auch jetzt schon ganz gut und nicht immer sind die Erfindungen, für die sich nicht behinderte Menschen begeistern, wirklich hilfreich für behinderte Menschen. Es reicht halt nicht, den Erfinder zu befragen. Und wer jetzt schon keinen Fuß vor die Tür setzt, wird es auch nicht mit einer Hightech-Apparatur tun.

Der Weg ist das Ziel

Der Weg ist das Ziel – das muss sich auch die Deutsche Messe AG gedacht haben als sie darauf verzichtete, das Pressezentrum auf dem Messegelände in Hannover mit einer Rollstuhltoilette auszustatten. Von unserem Büro zur Toilette und zurück war ich auf der CeBIT so gut und gerne 20 Minuten unterwegs.

Vom Büro…

Gallerie im Pressezentrum

am Pressecounter vorbei…

Flur vor dem Pressecounter

mit dem Fahrstuhl, dessen Tür mir beim Reinfahren die Hand einklemmte, weil die Lichtschranke für Rollstuhlfahrer zu weit oben angebracht ist,…

Fahrstuhltür

in den 1. Stock…

Fahrstuhlknopf

an der Garderobe vorbei durch eine Tür…

Flur

und durch noch eine Tür…

Tür

eine lange Rampe hoch…

Rampe

einen riesen Gang runter…

Gang

erreicht man nach knapp kalkulierten 8 Minuten One-Way-Zeit die nächst gelegene Rollstuhltoilette.

Toilette

Alles fantastisch

Die fantastischen Vier

Der Höhepunkt der Party, auf der ich gestern abend war, war ein Überraschungskonzert der Fantastischen Vier vor rund 300 Leuten. Überhaupt war das ja ein sehr gelungener Tag, wie ich gestern bereits andeutete.

Ich hatte die Gelegenheit zusammen mit zwei weiteren Journalisten Cerf zwei Stunden lang zu interviewen (Ergebnis steht hier) – es war eines meiner angenehmsten und besten Interviews, das ich je gemacht habe. Das war aber weniger mein Verdienst als der des Interviewpartners. Cerf redete nie um den heißen Brei herum und wirkte sehr authentisch.

Und nach diesem schönen Tag, blieb ich dafür heute auf der Autobahn 5 Stunden lang im Schnee stecken. Während es in Hannover heute sonnig und mild war, versinkt Hamburg im Schnee. Nach Fallingbostel ging auf der A7 nix mehr. Ich möchte an dieser Stelle, den Erfindern der Winterreifen danken. Die haben mich auf bei geschlossener Schneedecke auf Eis sicher nach Hause gebracht – aber schön wars nicht.

SchneeBIT

Mal abgesehen vom Wetter (es schneit hin und wieder), war der Tag durch und durch gelungen:

Ich habe Vint Cerf interviewt, ein Mittagessen bekommen, hinterher um so schneller geschrieben und mich am Abend mit einer Party in netter Gesellschaft belohnt. Bitte mehr von solchen Tagen (aber wenn möglich nicht in Hannover)! Morgen ist mein letzter SchneeBIT-Tag. Ging diesmal echt schnell rum, obwohl ich einen Tag früher angereist bin.

Unruhe vor dem Sturm

So, morgen gehts los. CeBIT-Presstag. Den typischen Satz „Ach, ich wusste ja gar nicht, dass Sie im Rollstuhl sitzen“ habe ich seit meiner Ankunft hier schon drei Mal gehört. Ich hoffe, das ist kein schlechtes Omen. Dabei hat die CeBIT noch gar nicht angefangen…

Ich habe diesen Aha-Effekt immer, wenn ich auf Messen Pressesprecher und PR-Agenturmenschen treffe, mit denen ich zwar schon oft telefoniert habe, aber sie mich noch nie live gesehen haben. Manche sind dann so mitteilungsfreudig und bringen ihre Verwunderung oder was auch immer zum Ausdruck.

Da ist es doch schön, wenn man einen Abend mit völlig unkomplizierten netten Menschen verbringen kann. Die gibt es hier nämlich auch.

Willkommen in Hannover

Schild mit Hinweis Achtung Sie betreten eine luxusfreie Zone

Schild an der Eingangstür meines Hotels.

Kontraste

Das Leben ist voller Kontraste: Gestern noch war ich bei Edelmans Blue Hour und lauschte David Weinbergers Vorstellungen von richtiger Kundenansprache in Zeiten von Web 2.0, da finde ich heute in meinem Postfach eine Mail eines Unternehmens, das mir mitteilt, dass auch sie auf der CeBIT vertreten sind. Das alleine ist nichts besonderes, das haben an die hundert Firmen in den vergangen Tagen getan (ich bräuchte wahrscheinlich gar keinen Messekatalog. Ich müsste nur alle Mails ausdrucken).

Das besondere an der heutigen Mail: Das Unternehmen zeigt auf der CeBIT unter anderem Zeiterfassungsgeräte. Wow! Dass es das noch gibt – so Stempelgeräte! Und das auf der CeBIT – nix mit New Economy und so. „Wer kauft sowas heute noch?“ habe ich mich so spontan gefragt. Die Antwort bekam ich dann prompt beim abendlichen Stadtbummel: Im Personaleingang von Karstadt habe ich so Zeiterfassungskarten hängen sehen – aus Pappe.

Weinberger riet an die Unternehmen, transparent und nicht „stupid“ zu sein. Blogs könnten dazu beitragen. Vielleicht nicht unbedingt vom CEO (weil der das unter Umständen verlernt haben könnte, wie man Menschen menschlich anspricht), aber vielleicht von Mitarbeitern. Aber irgendwie kann ich mir nicht so ganz vorstellen, dass ein Unternehmen, das Pappkarten im Flur hängen hat, bloggt. Denn mit „Kontrolle abgeben“ habe Bloggen auch zu tun, meinte Weinberger. Das passt aber nicht zu den Zeiterfassungsgeräten.

Von mir aus muss Karstadt muss auch gar nicht bloggen. Ich wäre schon froh, wenn die Angestellten mich nicht so oft ignorieren würden und mehr Mitarbeiter (nicht alle!) die Floskeln „Guten Tag“ und „Auf Wiedersehen“ in ihren Wortschatz aufnehmen würden. Das ist schon fast wie menschliches Bloggen – nur halt Real Life 0.5 nicht Web 2.0.

IT-Journalisten mit Fahrstuhlliebe

Es gibt einen neuen Trend: IT-Journalisten, die keine Treppen gehen können. Wir sind schon zu zweit – ich bin entzückt! Danke an Peter Glaser, der im SpOn-Interview ein Loblied auf seinen neuen Treppenlift singt. Also, liebe CeBIT-Standbauer, Eventmanager, Pressestellen und PR-Agenturen, den Trend wollt Ihr doch sicher nicht verschlafen, oder?

Urlaubsende

Ja, auch der längste Urlaub muss einmal zu Ende gehen und ich war heute nach sechs Wochen wieder arbeiten. Ganz ohne Schreiben habe ich es aber dann doch nicht ausgehalten in den vergangenen Wochen. Aber auch schön zu sehen, dass sich gar nicht so viel ändert, wenn man mal längere Zeit nicht da ist. Aber man merkt, dass die CeBIT vor der Tür steht: Ich habe heute mehr als 1500 Mails gelöscht (und die meisten davon vorher gelesen).