Weil ich einen Antrag auf Disability Living Allowance gestellt habe, hatte ich Besuch von einem Amtsarzt. Wenn man bedenkt, dass der Antrag mehr als vier Monate alt ist, wurde es auch höchste Zeit. Langsam habe ich raus, wie diese Anträge hier abgewickelt werden. Meist gehen die Leute nur einen Fragebogen durch. Wer durch Deutschlands Bürokratiedschungel gegangen ist, für den ist England eine Kaffeefahrt. Die Beurteilung der Behinderung beruht rein auf meinen Angaben, was ich kann und was ich nicht kann. Es geht zudem um die Bewältigung des Alltags. Wer aktiv ist, braucht vielleicht mehr Assistenz als jemand, der den ganzen Tag vor dem Fernseher sitzt. In Deutschland bemisst sich alles nach Pflegeminuten. Ich brauche aber keine Pflege, sondern eher Hilfe beim Einkaufen oder bei anderen Aktivitäten.
Der Unterschied zwischen dem britischen und dem deutschen System ist das Bild von Behinderung, das zugrunde gelegt wird. Wenn jemand gerne ins Kino geht, soll ihm das auch möglich sein, wenn er auf Assistenz angewiesen ist. In Deutschland gilt das als Luxus. Ich habe in Deutschland meine Assistenz selber bezahlt, weil ich keine Pflegestufe bekam. Zu fit fürs System. Wenn ich die Ausführungen des Arztes richtig deute, ist das jetzt vorbei und ich bekomme sogar mehr als ich beantragt habe. Ich bin gespannt, wie der Bescheid aussieht.
Der fundamentale Unterschied scheint tatsächlich zu sein, dass „Behinderung“ in Deutschland mit „Pflegebedürftigkeit“ übersetzt wird, und in England eher mit „Assistenznotwendigkeit“.
Pflege“Fälle“ werden rumgeschoben, ins Bett gebracht, gefüttert und gewickelt. Reine FÜRsorgeobjekte also, festgetackert auf Dankbarkeit und Dulden und Liebsein.
Welch eine Befreiung hingegen das Konzept, das du aus England berichtest! RollstuhlfahrerInnen können Individuen sein, können eigenes Leben führen, sind Subjekte ihres Lebens – eben keine Behinderten, die sich zu fügen und zu kuschen haben.
Viel Spass beim freien Leben :-)
[…] Nach dem Besuch des Amtsarztes habe ich gestern den Bescheid bekommen. Ich bekomme Disablity Living Allowance. Ich muss sagen, das gefällt mir alles sehr gut hier, was die Regelungen für behinderte Menschen angeht. Nur dass sie für die Bewilligung mehr als fünf Monate brauchen, verstehe ich nicht. Aber nun gut. […]
Hallo zusammen….
ich weiss nicht ob es hier rein passt bzw ob mir einer diese Frage beantworten kann:
„wenn jemand zum Amtsarzt muss,kann der Arzt oder hat der Arzt die Berechtigung nur alleine mit dem Betroffenen zu sprechen?Kann man als Betroffener einen Angehörigen (Tochter/Sohn) mit zu dem Gespräch nehmen oder darf der Arzt dieses ablehnen?
Vielen Dank