Heute stand es in vielen Zeitungen. Londons U-Bahn ist nicht barrierefrei und wird es auch bis zu den Olympischen Spielen nicht werden. Einen Fernsehbeitrag gab es dazu auch. Guten Morgen, London! Auch schon gemerkt?
Man könnte sich ja auf den Standpunkt stellen, dass das eigentlich ein Grund sein müsste, die Paralympics nicht austragen zu dürfen. Aber dann wären die handvoll Stationen, die dann doch für die Olypmischen Spiele umgebaut werden, auch nicht barrierefrei.
Schön finde ich, dass die Liberal Democrats die Statistik, mit der sich der, eigentlich von mir geschätzte, Ken Livingstone in jeder Pressemitteilung zur U-Bahn brüstet, untersucht hat. Er nennt immer eine Prozentzahl an Stationen, die bis zu dem Olypmischen Spielen barrierefrei seien. Ich dachte mir schon, dass es wieder um Stationen außerhalb Londons geht, die umgebaut werden. Das schönt die Statistik, nutzt aber im Alltag wenig. Da verirrt sich ja kaum ein Tourist hin. Ich weiß, dass Londons U-Bahn in Teilen schwer umzurüsten ist. Aber eben nur in Teilen. Die Station vor meiner Haustür zum Beispiel ist North Acton. Die liegt oberirdisch mit einer freistehenden Treppe. Die Treppe ist über eine Brücke zu erreichen, an die man jeden Standardfahrstuhl dranklatschen könnte, wenn man denn wollte. Einen Beschluss, genau das zu tun, gab es bereits im Jahr 1998 im Gemeindeparlament. Bis 2001 sollte das umgesetzt sein. Die nächsten Planungen sprechen von 2011, meinte ein U-Bahn-Mitarbeiter zu mir. Das wären 13 Jahre nach Beschlussfassung. Dass behinderte Menschen aber auch immer so ungeduldig sein müssen…
In meinem kleinen Heimatort im Norden Deutschlands hat es auch ewig lange gedauert, den Bahnhof so einigermaßen barrierefrei zu machen. Dort gibt es zwei Bahnsteige, wobei einer davon nur durch einen Tunnel zu erreichen ist – der für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind, schwer zu passieren ist. Es sind immerhin vier bis fünf Meter Höhenunterschied, die da per Treppe zu bezwingen sind. Wie das mit einem Rollstuhl funktionieren soll, mag ich mir gar nicht vorstellen… Jedenfalls legte man dort Fahrstuhlschächte an. Nur wer deren Inhalt, die Fahrstühle und ihre Technik, denn bezahlen soll, darüber entbrannte ein Streit zwischen der Stadt, dem Land, der Bahn und was-weiß-ich noch wem alles. Und der zog sich über ca. sieben Jahre hin, in denen große Bretterverschläge die Löcher zierten, in denen eigentlich Fahrstühle fahren sollten. Dann, endlich, hatte man sich geeinigt und bewältigte sogar den Einbau in nicht viel mehr als einem Jahr – um dann ein paar Tage vor der geplanten feierlichen Einweihung (Ich erwähnte es ja schon: Eine Kleinstadt) festzustellen, dass die Aufzüge doch gar keine Gegensprechanlage hätten, die sie aber dringend benötigen – ist ja klar, denn wenn dort jemand stecken bleibt, kann es dauern, bis das bemerkt wird. Womit der Streit wieder los ging: Wer hats verbockt? Wer hat die aufwändige Nachrüstung zu bezahlen? Aber diesmal hatte man sich schnell geeinigt – nach nicht einmal zwei Jahren (in denen fertige, nagelneue Fahrstühle in drei Schächten vor sich hin alterten) rückte die Fahrstuhlfirma wieder an und baute die entsprechende Technik ein.
Alles in allem sind so zehn Jahre vergangen, bis die Rundumerneuerung eines Provinzbahnhofes so auch bei denen ankam, für die sie ursprünglich gedacht war.