Behinderte Menschen in den Medien

Ich beobachte, seit ich hier bin, wie die britischen Medien mit dem Thema Behinderung umgehen und bin beeindruckt. Ich gebe allerdings zu, ich ignoriere die Boulevardpresse völlig, was angesichts des umfangreichen Angebots guter Tageszeitungen nicht wirklich schwer ist.

Was mir dabei besonders auffällt ist, dass behinderte Menschen hier weit öfter selbst zu Wort kommen als ich das in Deutschland wahrgenommen habe. Und offensichtlich scheint es auch eine ausreichende Anzahl an Leuten zu geben, die man als Journalist befragen kann und die auch noch schlaue Sachen sagen. Die Verbände, so mein Eindruck, machen hier professionelle Pressearbeit, was in Deutschland ganz und gar nicht der Fall ist. Viele haben nicht einmal einen Presseverteiler.

Und behinderte Menschen beteiligen sich hier viel stärker an Diskussionen, so scheint mir. Artikel wie dieser erwecken bei mir diesen Eindruck. Und die Journalisten gehen anders mit den Leuten um. Zu dem Programm der Regierung zur Gleichstellung behinderter Menschen druckte der Guardian die Meinungen verschiedener Verbände und Lobbygruppen. Ich habe mir mal den Spaß erlaubt und nachgesehen, wie oft die taz in den letzten sechs Monaten über das Behindertengleichstellungsgesetz berichtet hat. Das Wort, seine Varianten und Abkürzung ergab keinen Treffer im Online-Archiv. Das Wort DDA findet sich im Guardian Online-Archiv fünf Mal seit Oktober. Insgesamt liefert die Suche sogar 86 Treffer.

Ich habe dennoch nicht den Eindruck, dass behinderte Menschen zu wenig in den deutschen Medien vorkommen. Die Frage ist, wie sie dargestellt werden und welche Themen behandelt werden. Wie schwer es ist in Deutschland mit einem behindertenpolitischen Thema in die Medien zu kommen, kann man gerade hier nachlesen.

4 Kommentare

  1. Dorothea sagt:

    Such mal nach Sozialpädagoge, Betreuer, Pfleger, Sonderpädgagogik, beschützte Werkstätte, Erwerbsunfähigkeit, Heim, betreutes Wohnen.

    DAS ist der Fokus, unter dem sogenannte „Behinderte“ in Deutschland betrachet werden.

    Der Rest ist, wenn überhaupt vorkommend, Kosmetik.

  2. creezy sagt:

    Andere Länder gehen deutlich alltäglicher mit behinderten Menschen um. In England als auch Spanien sind zum Beispiel behinderte Menschen in der Werbung üblich, also in Spots für alltägliche Dinge. Also nicht nur in Spots für die Aktion Mensch.

  3. Anja sagt:

    stimmt, in der family-beilage samstags im guardian kommen oft familienkostellationen vor in denen behinderungen eine rolle spielen.

    übrigens regt mich gerade das urteil in D auf, demnach inzest weiterhin verboten sein wird. eine begründung für das urteil war, dass inzestbeziehungen häufiger zu behinderten nachkommen führen (frei von mir formuliert).
    unglaublich.

  4. Christian sagt:

    Hallo, ich denke, dass es im Alltag darauf ankommt, wie man mit Behinderten umgeht. Das ständige hinschauen zum Beispiel nervt mich. Viele wissen auch nicht, wie sie sich verhalten sollen und erzeugen richtig unangenehme Situationen. Einfach ganz normal mit den Menschen umgehen, wenn sie Hilfe brauchen, sagen sie das schon.