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Post aus Palo Alto

Die Stadt Palo Alto hat sich entschlossen, von mir nicht weiter 300 Dollar wegen Parkens auf einem Behindertenparkplatz (mit Ausweis) zu verlangen. Meine vierzeilige Beschwerde (mehr Platz war nicht auf dem Formular) wurde anerkannt. Ich wiederum habe mich entschlossen, in Palo Alto einfach nicht mehr zu parken.

300 Behindertenparkplätze

Heute war ich mal wieder im Lakeside Shopping Centre in Essex. Ich gehe dort sehr gerne einkaufen, denn es ist einfach alles barrierefrei und es ist einfach schön da. Das Centre liegt direkt am See, man kann bei schönem Wetter in einem der Restaurants auf dem Steg sitzen.
Heute bin ich anders auf das Gelände gefahren und kam an einem orangefarbenen Schild vorbei. Ich musste zwei Mal hinsehen. Da soll es doch wirklich 300 Behindertenparkplätze geben, die ich nicht kannte.

Schild mit Hinweis auf 300 Behindertenparkplaetze

Mir war das vorher noch nie aufgefallen, weil es auch in anderen Parkhäusern um das Einkaufszentrum herum Behindertenparkplätze gibt.

Ich folgte also der Beschilderung und fand mich tatsächlich in einem Parkhaus mit 300 Behindertenparkplätzen wieder, die am einkaufsmüden Montag nicht schlecht gefüllt waren. Sie waren unterteilt in welche für Rollstuhlfahrer (breiter) und welche mit normaler Breite. Und alle Autos vor, hinter und neben meinem hatten einen Ausweis an der Windschutzscheibe liegen.

Es gibt in Großbritannien erheblich mehr Behindertenparkplätze als in Deutschland. Ich habe mich da schnell dran gewöhnt und es erleichtert mir den Alltag sehr, weil ich problemlos den Rollstuhl ein- und ausladen kann. Aber 300 Plätze habe ich nocn nie auf einen Streich gesehen.

Ich habe allerdings auch den Eindruck, es gibt mehr Parkausweisbesitzer als in Deutschland. Die Parkplätze sind oft besetzt, aber nicht von Falschparkern sondern von Ausweisbesitzern. Das ist aber mein rein subjektiver Eindruck und das wollte ich nun bestätigt haben.

Die Zahlen für Großbritannien fand ich schnell: Es gibt 2,3 Millionen blaue Parkausweise auf der Insel. Das macht bei geschätzten 61 Millionen Einwohnern 3,8 Prozent der Bevölkerung, die einen Ausweis besitzen. Finde ich sehr realistisch, wenn man davon ausgeht, dass etwa 10 Prozent der Bevölkerung behindert ist, sind vielleicht 3,8 Prozent stark gehbehindert oder blind. Kann schon sein. Das Verkehrsministerium hat erst im Oktober 2008 eine Studie zur Nutzung der Parkausweise veröffentlicht. Demnach bin ich in fast allen Kategorien die Ausnahme, die die Regel bestätigt (jung, arbeitend, Ausländerin, Ausweis seit mehr als 10 Jahren etc.). Aber das nur nebenbei…

Dann habe ich mich auf die Suche nach deutschen Zahlen gemacht und fand sofort eine Frage des Bundestagsabgeordneten Ilja Seifert von Ende Mai dieses Jahres an die Bundesregierung. Er hat sich auch gefragt, wieviele Parkausweise es eigentlich in Deutschland gibt und die Bundesregierung antwortete wie folgt: „Der Bundesregierung liegen keine bundesweiten Statistiken über die Anzahl der europäischen Parkausweise vor.“ Na toll. Und jetzt kann ich meine Vermutung, was die Anzahl angeht, nicht einmal überprüfen.

Polizei, Werkstatt und die Helden

Ich habe den ganzen Tag damit verbracht, mich um meinen fahrbaren Untersatz zu kümmern.

Auto mit zerschlagenem Fenster

Um 8 Uhr bekam ich eine SMS von einer Freundin, bei der ich das Auto untergestellt hatte. Ich solle sie anrufen, es gebe Probleme mit meinem Auto. Ich wollte eigentlich gar nicht aufstehen und ahnte böses. Sie sagte mir, um 4.30 Uhr sei die Alarmanlage angegangen und sie hätten sie nicht mehr ausgekriegt. Ich glaube, mein Auto sehnt sich nach einem neuen Besitzer… Als es aufgebrochen wurde, ging die Alarmanlage nämlich nicht an und auch ein Test von mir danach zeigte keine Reaktion. Ich dachte, sie sei kaputt. Aber heute nacht hat sie dann doch funktioniert und halb South Harrow aus dem Bett gerissen.

Ich habe also mein Auto abgeholt, die Alarmanlage war unterdessen aus, und ich bin zu Autoglass nach Heathrow gefahren. Als ich dort ankam, stellte man fest, dass kein Termin für mich vermerkt sei. Aber man war dennoch sehr bemüht, mir zu helfen. Der Computer offenbarte dann ein neues Problem: Die Seitenscheiben für Rechts- und Linkslenker sind unterschiedlich. Und was gibt es in England für den A3 vorrätig? Richtig, die für Rechtslenker. Die anderen müssten aus Deutschland geschickt werden. Ich versuchte noch, jemanden in einer Audi-Werkstatt zu erreichen. Nix zu machen. Also entschied ich mich, die Scheiben zu bestellen und Plastik einbauen zu lassen. 3-5 Tage sollten die Scheiben auf die Insel brauchen.

Mit hübscher Plastikscheibe bin ich dann wieder zur Polizei. Gleiches Prozedere wie am Tag zuvor. Und sogar einige Gesichter waren gleich. Die Jugendliche war wieder da, weil man irgendwelche Sachen von ihr einbehalten habe, die sie erst heute zurück bekommen sollte. Die Sachen waren aber noch nicht von der Untersuchung oder was auch immer zurück, was sie sofort wieder veranlasste auszuflippen. Ich wartete eine Stunde, dann kam ich dran und schilderte meine etwas skurrile Geschichte. Der Officer nahm sich viel Zeit für mich, aber irgendwie tat er nichts, was ich als logisch empfand. Mein genialer Einfall, das Kameramaterial zu sichten, ignorierte er. Er wisse gar nicht, wie man an das Material komme. Dann telefonierte er überall rum, um Leute zu finden, die gestern Dienst hatten und gesehen haben, wer mein Auto gerammt hat. Wenn ein Polizist (zumal im Dienst) sieht, dass auf dem Polizeiparkplatz ein Auto touchiert wird, sagt er nix, sondern wartet darauf, dass er gefragt wird? Das kam mir nicht logisch vor. Und während ich gar nicht davon ausgehe, dass der Polizist, der mein Auto versetzt hat, das gewesen ist, sprach er immer davon, dass er den Kollegen finden müsse. Ich habs nicht kapiert. Der Stationsvorsteher wurde auch eingeschaltet. Man wollte mich wieder anrufen, wenn sie was wissen. Ich glaube nicht, dass da noch was kommt. Die wollten partout nicht an das CCTV-Material ran.

Als ich wieder draußen war, rief Autoglass an. Das Fenster käme per Expressendung aus Deutschland und könne morgen nachmittag eingebaut werden. Endlich mal eine gute Nachricht!

Dann bin ich zu Wir sind Helden. Hmm, naja. Ich muss mich korrigieren, was die Barrierefreiheit von Locations angeht. Diese war es nicht zu meiner großen Überraschung. Mit der Security bin ich dann aber doch zur ersten Ebene gelangt und hatte einen sehr ungewöhnlichen Blick auf das Konzert. Ich saß hinten rechts über der Bühne. Ein Logenplatz! Warum das Mean Fiddler nicht barrierefrei ist, ist mir ein Rätsel, aber ich werde das rauskriegen. Es ist alt, es ist im Keller, aber sie hätten massenweise Platz, einen Treppenlift einzubauen und ordentliche Rolliplätze. Ich ruf da am Montag mal an und frage, was das soll. Zumal sie ganz sicher gegen die britische Gesetzgebung verstoßen.

Das Konzert war okay, aber ich fand es nicht überragend und auch nicht sehr lang. Dafür musste man vorher zwei Vorgruppen ertragen. Die Zuschauer waren mehrheitlich Touris, würde ich mal sagen, während bei Grönemeyer viele Londoner waren. Jedenfalls ganz andere Leute.

Wir sind Helden

Fotos vom Helden-Konzert gibt es bei Flickr. Und jetzt hoffe ich, dass morgen der Fenstereinbau reibungslos klappt.

Über das Autofahren (und Parken) in England

Ich fahre jetzt seit ein paar Tagen Auto hier und es ist wirklich nicht so schwer. Ich bin bereits in Australien links gefahren. Allerdings hatte ich dort einen Mietwagen mit dem Lenkrad auf der rechten Seite. Das empfand ich als eigentliche Herausforderung – ich habe immer die Scheibenwischer betätigt, wenn ich abbiegen wollte und wenn es regnete, habe ich erstmal geblinkt.

Hier fahre ich in meinem gut vertrauten Auto und komme klar. Seit gestern tobt in London ein relativ großes Verkehrschaos. Die U-Bahn wird bestreikt, nur wenige Linien sind noch in Betrieb und so fährt der Londoner wohl oder übel mit dem Auto zur Arbeit. Die Folge sind Staus, Staus, Staus. Ich stehe eigentlich mehr als dass ich fahre.

Eine besondere Herausforderung stellen die Regelungen für „Blue Badge Holder“ (blauer Parkausweis) dar. Jeder Bezirk in London hat ihre eigenen Regelungen und man muss immer wissen, wo man sich gerade befindet. Während mein Bezirk Ealing mich im überall kostenlos parken lässt, darf ich in Westminster nicht einmal jeden Behindertenparkplatz nutzen.

Wie in Deutschland kann man beim Bezirk einen personenbezogenen Behindertenparkplatz beantragen, wenn man keinen geeigneten Parkplatz zur Verfügung hat. Nur hier sind diese Parkplätze nicht wirklich personenbezogen, wie ich schon erfahren habe. Ich war am Montag in einem Kurs in Islington (auch ein Bezirk). Ich hatte mir vorher in der Internetdatenbank den nächsten Behindertenparkplatz rausgesucht (ja, sowas geht hier!) und er war tatsächlich frei. Als ich am Ende des Tages kam ich zu meinem Auto und fand ein Schreiben an der Windschutzscheibe. Ich dachte noch: „Klasse, zum ersten Mal geparkt und prompt einen Strafzettel.“ Aber so war es nicht.

Auf dem Papier stand:
„This parking space has been provided for me by Islington council as I need to park outside my front door. I would be grateful therefore if you did not park here. As a Blue Badge holder you are entitled to park in a residents‘ parking bay for an unlimited amount of time so perhaps you could park in one of those in future. P.S.: I’d be grateful if you could knock on my door when you leave so that I can move my car back into my space. Thanks.“

Ich habe dann also an die Tür geklopft und hörte mir das Klagen einer Rollstuhlfahrerin an. Ich hätte zwar juristisch korrekt geparkt und könne es auch nicht wissen, aber sie brauche den Parkplatz. Ihr Bezirk vergebe aber keine Parkplatznummern wie andere Bezirke. Also jeder Besitzer eines Parkausweises darf auf „ihrem“ Parkplatz parken. Definitiv eine bescheuerte Regelung. Ich konnte den Ärger der Frau verstehen. Und ich habe unterdessen noch mehr Parkplätze entdeckt von denen ich annehme, das sie eigentlich für jemanden eingerichtet wurden, aber ich dort auch parken dürfte – unbefristet übrigens.

Ich muss zusammenfassend sagen, dass die Regelungen für Parkausweisbesitzer in Deutschland zum einen einheitlich und teilweise auch durchdachter sind. Dafür sind hier die Parkplätze so gut wie nie von Nichtbehinderten besetzt und wenn wird es teuer. Ich bin gespannt, ob ich das in ein paar Monaten immer noch sage.

Belgien und die Barrierefreiheit

Sorry, ich war ein wenig beschäftigt. Ich war in Hamburg, habe unsere Wohnung ausgemistet und habe mein Auto nach England überführt. 800 Kilometer Fahrt durch Deutschland, die Niederlande, Belgien, Frankreich und England liegen hinter mir.

Mir sind ja noch gut französische Autobahnraststätten vom Familienurlaub in den 80er-Jahren in Erinnerung. Dieses wenig erfreuliche Bild wird jetzt von den belgischen Raststätten überlagert. Die Belgier beleuchten zwar ihre Autobahnen, aber ich glaube, das machen sie nur, damit ein Schatten auf die Raststätten fällt und man die nicht so sieht. Vier Raststätten musste ich ansteuern, um eine Behindertentoilette zu finden – und das war nicht der einzige Grund, belgische Raststätten in schlechter Erinnerung zu behalten. Die Raststätten waren überlaufen, die Einrichtungen teilweise ziemlich ekelig und Behindertenparkplätze Mangelware. Barrierefreie Rasthöfe waren nicht ausgeschildert – ich kam mir vor wie beim Bingospiel.

Auf der Raststätte mit Behindertentoilette gab es sogar einen Behindertenparkplatz. Einen einzigen! Und der hatte einen sehr originellen Zugang zum Raststättengebäude:

Behindertenparkplatz mit Stufe

Eine Stufe hoch und dann wieder hinunter musste man. Alternativ konnte man auch um den ganzen Parkplatz herum und auf der Straße mitten im Verkehr stufenlos zum Gebäude rollen. Ganz toll! Über die britischen Verkehrseigenheiten (als ob das Linksfahren nicht schon Abenteuer genug wäre) schreibe ich später.

Geisterfahrer

Eben auf dem Nachhauseweg kam mir ein Geisterfahrer entgegen. Ein Richtiger. Allerdings nicht auf der Autobahn, sondern auf der einer zweispurigen Einbahnstraße, aber 50 km/h hatte ich trotzdem und er fast auch, schätze ich mal. Links neben mir fuhr ein Taxi, das deutlich besser reagiert hat als ich. Während ich nur komische Laute rausbrachte, staunte und viel zu spät auf die Idee kam, vom Gas zu gehen, setzte der Taxifahrer auf die Methode Lichthupe. Klasse Idee, dachte ich und blendete mit. Wir haben es tatsächlich geschafft, den Geisterfahrer damit zum Umdrehen zu bewegen. Er ist dann erstmal rechts ran gefahren. Dem will ich nicht auf der Autobahn begegnen.

Accessible UK

Karte von London

Die britische Regierung hat einen Dienst im Internet gestartet, der wohl weltweit einmalig ist: Touristen und Einheimische können sich online auf die Suche nach dem nächsten Behindertenparkplatz in 64 Städten des Königreichs begeben. Über die Postleitzahl oder den Orts- und Stadtteilnamen wird man fündig. Der Kartendienst zeigt zudem barrierefreie Tankstellen an (sogar, ob es dort eine barrierefreie Toilette gibt!), wie lange man auf dem welchem Behindertenparkplatz parken darf und wo sich die nächste öffentliche Toilette befindet. Deutschland, bitte nachmachen!

Tankstellen-Sender-Test

Vor Ewigkeiten hat mir die Deutsche Tamoil ja einen Sender zu ihrem Handi-Bip-System geschickt, mit dem Rollstuhlfahrer Hilfe beim Tanken anfordern können. Heute bin ich endlich mal dazu gekommen, das System zu testen: Mein Tank war leer und ich war im Westen der Stadt. Leider gibt es in Hamburg nur wenige Tankstellen (oder sogar nur eine?), die einen Empfänger zu meinem Sender haben. Ich fuhr zur HEM-Tankstelle in der Kollaustraße und drückte aufs Knöpfchen meines Senders – keiner kam. Ich musste also wohl oder übel den Rolli ausladen und selber tanken.

Ich nahm den Sender mit in den Verkaufsraum und fragte die Angestellte, ob ihr Empfänger defekt sei. Im Laden reagierte der Empfänger. Wenn jemand Hilfe anfordert, blinkt ein gelbes Licht im ganzen Laden. Echt gut gemacht, muss ich sagen. Nur draußen wollte der Empfänger einfach nicht reagieren. Damit ist das System natürlich sinnlos. Die Frau an der Kasse entschuldigte sich vielmals und wir testeten das System noch ein bisschen. Wenn ich im Laden stand, ging es, wenn ich an den Zapfsäulen war, nicht. Sie versprach, ihren Chef zu informieren, damit das repariert wird. Ich probier es in ein paar Wochen wieder. Das System ist sehr praktisch für mich, zudem war die Verkäuferin wirklich nett und preiswert ist die Tankstelle außerdem.

Behindertenparkplatzschild

Behindertenparkplatzschild

Mehr davon gibts bei Adverbox.

Via Ragged Edge Online

Handi-Bip-System von TAMOIL

Die Geschichte mit der Shell-Tankstelle und dem Funksystem für Rollstuhlfahrer hat auch etwas Gutes: Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Deutsche Tamoil ein ähnliches System für ihre Tankstellen unterhält. Es nennt sich „Handy-Bip-System“ und ist für Leute, die das Merkzeichen „aG“ im Schwerbehindertenausweis und ein Grad der Behinderung von 100 haben, völlig kostenlos. Die Kosten für die Fernbedienung trägt das Unternehmen.

Ich habe da angerufen und sie haben mir umgehend ein Anmeldeformular sowie eine Liste mit Tankstellen gefaxt. Die Tankstellen sind hauptsächlich in Norddeutschland und firmieren unter TAMOIL oder HEM. In Hamburg ist immerhin eine Tankstelle an das System angeschlossen, in Berlin sind es acht. Aber auch München und Saarbrücken findet man auf der Liste. Ich bestelle mir jetzt eine Fernbedienung und werde dann von meinen Erfahrungen berichten.