Die Polizei, Dein Freund und Helfer?

In Dortmund wurde ein gehörloser Mann überfallen, teilt die Polizei Dortmund in einer Pressemitteilung mit. Nur leider nicht so, sondern mit der gewählten Überschrift „Räuber verletzten Taubstummen“. Und auch ansonsten ist vom „taubstummen Geschädigten“ die Rede. Für gehörlose Menschen ist das Wort „taubstumm“ etwa so beleidigend wie das Wort „Bulle“ für Polizisten. Okay, kann man sagen, wußten die Damen und Herren in der Pressestelle nicht besser. Auch wussten sie nicht, dass das Opfer wohl nicht mit „Gesten“ kommuniziert, sondern in Deutscher Gebärdensprache.

Wo ich aber wirklich sauer werde ist, wenn ich lese, es liege keine Täterbeschreibung vor. Kann es vielleicht daran liegen, dass kein Gebärdensprachdolmetscher hinzugezogen wurde? Oder ein gebärdensprachkompetenter Polizist? Die gibt es nämlich in Nordrhein-Westfalen. Und das, obwohl das Opfer verletzt war und ambulant behandelt werden musste? Das, liebe Polizei in Dortmund, fände ich höchst bedenklich. Wenn man sich nicht bemüht, eine Täterbeschreibung zu bekommen, dann kriegt man auch keine. Einem gehörlosen Opfer eines Raubüberfalls, das in Gebärdensprache kommuniziert steht ein Gebärdensprachdolmetscher zu. Erst recht, wenn es ins Krankenhaus muss. Tätern übrigens auch. Immer.

4 Kommentare

  1. vivec sagt:

    Da hast du natürlich Recht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Polizei in so einer Situation völlig überfordert ist. Ich habe mal auf einem Markt gearbeitet und hatte da plötzlich ein gehörloses Paar stehen, die von mir erklaert haben wollten, was ich denn da jetzt verkaufe. Ich hatte keinen Plan, wie ich es denen jetzt klar mache, Lippenlesen konnten sie wohl nicht und ich hatte nichts zum Schreiben/Malen da… irgendwann sind sie dann traurig weitergegangen.

    Es sollten viel mehr Menschen Gebaerdensprache-Kurse machen. Das Ganze ist doch auch mehr oder weniger international, oder? Waere doch vielleicht eine Idee, sowas an Schulen einzuführen?

  2. Christiane sagt:

    @vivec
    Ich glaube auch, dass die Polizisten überfordert waren. Aber das ärgert mich dennoch. Warum ist es nicht Teil ihrer Ausbildung? Und ich weiß, dass in der Personalzeitung der Polizei NRW erst vor kurzem Artikel zum Thema Behinderung standen. Sie könnten es wissen.

    Noch zum Thema Lippenlesen / Gebärdensprache: Nur etwa 20 Prozent der Deutschen Sprache lässt sich ablesen. Sprech mal „Mut“ und „Blut“ aus. Deine Lippen verändern sich kaum. Vieles beim Lippen ablesen ist Raterei. Hinzu kommt, dass die Menschen unterschiedliche so genannte „Mundbilder“ haben. Bei manchen kann man gut ablesen, bei manchen nicht. Jemand mit Vollbart kann man mittels Lippen ablesen kaum verstehen.

    Die Gebärdensprache ist zudem nicht international. Es gibt eine Deutsche Gebärdensprache (DGS), eine Amerikanische (ASL) etc. Ja, es gibt sogar eine Österreichische. Aber da es alles visuelle Sprachen sind, können sich gehörlose Menschen international besser verstehen als wir Hörenden. In den USA wird weit mehr Gebärdensprache gelehrt als bei uns. Es kann aber auch nicht jeder die Sprache lernen, es ist auch ein wenig Begabung. Und dafür gibt es aber Dolmetscher, die die Polizei genauso anfordern kann wie für jemanden, der nur Türkisch oder Hindu versteht.

  3. Christiane sagt:

    @Gerhard
    Die große Mehrheit der Gehörlosen kann sprechen. Selbst die wenigen, die nicht sprechen, haben eine Sprache: Die Deutsche Gebärdensprache. Sie können sich verständigen, wenn auch nicht in einer Sprache, die die meisten Hörenden verstehen.

    Was Du meinst, sind natürliche Gebärden. Z.B. trinken, essen etc. Die Gebärden sind wie Vokabeln der Deutschen Gebärdensprache.

    Wenn Dich jemand ins Gesicht schlägt, kannst Du keine Täterbeschreibung abgeben? Zumindest die Größe der Täter und das Geschlecht weiß man und es ist nicht der einzige Fall, bei dem Gehörlose von der Polizei nicht befragt wurden. Es ist kommt leider öfter vor und ist keine Mutmaßung.