Ich sitze gerade im ICE von Hamburg nach Berlin und muss sagen, die Bahn überrascht mich seit ich angefangen habe, diese Reise zu planen. Alles fing damit an, dass ich gestern festgestellt habe, dass man jetzt stündlich mit dem ICE nach Berlin fahren kann. Als ich noch in Hamburg wohnte, ging das nur alle zwei Stunden.
Dann habe ich die Mobilitätszentrale der Bahn angerufen. So heißt die Hotline, bei der man als Rollstuhlfahrer Assistenz beim Ein- und Aussteigen anfordern kann. Ich hasse diese Anrufe, denn als ich dort zuletzt angerufen habe, saß dort unfreundliches und unflexibeles Personal, man musste teilweise ewig warten bis einer dran ging und das Gespräch dauerte ewig. Jetzt ging das plötzlich alles ratzfatz. Die Frau war super nett, änderte in Windeseile meine Daten und bedauerte, dass ich mit einem „Nutella-Ticket“ (das ist so ne Promotionaktion, bei der man 25% beim Fahrschein spart, wenn man ein Nutellaglas kauft) die Fahrkarte leider nicht telefonisch buchen kann.
Ich kam dann heute morgen am Servicepoint an. Ein total netter Mitarbeiter brachte mich zum Bahnsteig und wir unterhielten uns über die Bahn und die Barrierefreiheit. Er erzählte mir, dass ab 2010 die ersten ICEs mit fahrzeuggenbundener Einstieghilfe eingesetzt werden. Das heißt, der Zugbegleiter ist in der Lage, die Einstieghilfe zu leisten und man braucht kein Personal mehr auf den Bahnsteigen und eine Hebebühne, die umständlich an den Zug geschoben wird. Dann muss man sich theoretisch auch nicht mehr anmelden, denn der Zugbegleiter läßt einen dann einfach mit der Einstieghilfe in den Zug.
Ich habe dann noch mit zwei weiteren Mitarbeitern gesprochen und ich bin ziemlich sicher, die hatten alle eine Serviceschulung für den Umgang mit behinderten Kunden. Alle waren sehr freundlich, haben mich mit Namen angesprochen, informierten mich über meine Zugfahrt und vor allem, nahmen sie mich als Kundin wahr und nicht als Problem. Mein größter Hassfaktor beim Bahn fahren in Deutschland bislang waren immer die Mitarbeiter. Es verging kaum eine Zugfahrt, bei der ich nicht angeblafft wurde oder man mich behandelte wie ein IC-Kurierpaket und nicht als Mensch. Ein Servicemitarbeiter schrie mal über den ganzen Bahnsteig zum Zugbegleiter: „Hey, wir haben hier noch zwei Probleme: Ein IC-Kurierpaket und den Rollstuhl da.“ „Der Rollstuhl“ war natürlich ich.
Dann fuhr der Zug ein. Der Servicemitarbeiter kam mit dem Hublift und sagte noch, ich soll nicht zu früh drauf fahren. Die Dinger seien ja wir Käfige. Der ICE würde schon warten und ich müsse mich nicht beeilen. „Serviceschulung“, dachte ich wieder. Früher wollten die Mitarbeiter meist, dass man schon 10 Minuten vor Abfahrt des Zuges auf die Hebebühne fährt. Vielleicht, damit man nicht wegläuft? Keine Ahnung.
Im Zug angekommen staunte ich nicht schlecht. Die Rollstuhlplätze sind jetzt in der 1. Klasse. Wie oft wollte ich schon 1. Klasse fahren und konnte nicht, weil es dort keine Rollstuhlplätze gab. Und jetzt kann ich 1. Klasse fahren und zahle aber nur 2. Klasse. Ich sehe das als Wiedergutmachung für die letzten 15 Jahre schlechten Service an.
Eben kam dann noch eine Mitarbeiterin vorbei und fragte mich, ob ich etwas aus dem Bistro haben möchte. Ob das wohl die Vorzeichen für den Börsengang der Deutschen Bahn sind?
Das klingt echt klasse. Allgemein scheinen einige Unternehmen in Deutschland kapiert zu haben, dass Service etwas ist, das nicht ausschließlich Kosten verursacht.
Hoffentlich spricht sich das rum.
Es freut mich dass du so positive Erlebnisse mit der DB Bahn hast, allerdings würde ich das nicht auf den bevorstehenden Börsegang zuschreiben. Eher im Gegenteil, im Normalfall sind die Züge verdreckter, schlechtere Service-Intervalle, Ausdünnung der Züge auf nicht ganz so rentablen Strecken, Sonderpreiserhöhungen durch Service-Zuschläge und so weiter, eine Vielzahl von Zugausfällen durch zuwenig Reserverzüge (speziell im Auslandsverkehr, und und und).
Aber es ist schön, was positives zu hören, vielleicht ist ja doch noch nicht Hopfen und Malz verloren.
Viel Spaß weiterhin in Deutschland :)
Hallo! Ich glaube, die Servicemitarbeiter haben nicht nur bezüglich des Umgangs mit Behinderten eine Schulung hinter sich, sondern allgemein. Als regelmäßiger Bahnfahrer – seit einem Jahr mit Kind (man fühlt sich manchmal mit Kinderwagen im wahrsten Sinne des Wortes „behindert“) – wird man von der Freundlichkeit des Personals im Fernverkehr wirklich fast erschlagen.
Beste Grüße!
Hm, vielleicht hat sich am Standort Hamburg wirklich etwas getan. Meine Mutter und meine Schwester hatten allerdings noch im Juli auf der Strecke Frankfurt-Köln (vom Flieger kommend) erhebliche Probleme. Sie hatten in der 2. Klasse reservierte Plätze, aber der Zug war so voll und die Gänge mit Koffern über und über voll, dass da kein Durchkommen mit Rollstuhl und eigenem Gepäck war. Kurzerhand setzte sie der Servicemitarbeiter in die 1. Klasse – was ja toll war. Nur der Zugbegleiter wollte sie dann später da raus schmeißen bzw. eine Strafe kassieren und hat sie wirklich sehr unnett behandelt. Als meine Mutter drauf hinwies, dass sie jederzeit gerne ihre reservierten Plätze in Anspruch nehmen würden, wenn er ihnen den Weg dorthin bahnen würde, ist er dann motzig abgezogen.
Hi!
Ohne deinen Optimismus dämpfen zu wollen:
In der ersten Klasse wird man grundsätzlich am Platz bedient, und ICEs mit Einstiegshilfe sind auch eigentlich kein nachhaltiger Fortschritt, da sehr konkrete Pläne in der Pipeline sind, nach denen die ICEs fast ganz verschwinden (da sie ggü. den ICEs keine besonders großen „logistischen“ Vorteil bieten.
MfG
Jan
Hallo Christiane, das klingt ja mal richtig gut. Bravo, ich bin froh, dass die Bahn in Deutschland mal sowas positives schafft hoffentlich werden deine positiven Erfahrungen weitergehen. Es war auch mal erfrischend zur Abwechslung keine Negativerfahrungen zu lesen. Nicht, dass ich diese nicht lesen wöllte, nein ich bin froh, dass du deine Stimme erhebst. Danke für diesen Blog, ich verfolge die Einträge mit Vergnügen.
Blessings!
Tom
Schreiben Sie gelegentlich ein Lob oder eine Beschwerde an die Bahn,…?
Ich muss wirklich mal wieder mit einem ICE fahren. In RB und RE bekommt man den Zugbegleiter lediglich bei der Fahrkartenkontrolle zu Gesicht.
Die Bahn hat tatsächlich Schulungen abgehalten zum „Umgang mit Behinderten“. Manchmal gab es dabei sogar „echte“ Krüppel zum Gucken und Üben ;-)
Da kann ich auch noch was positives berichten: Ich hatte kurz nach der Fahrkartenkontrolle die Toilette aufgesucht, als ich die dann verlies lies ich den Zugbegleiter durch die Engstelle zwischen den Waggons. Er bedankte sich mit „Vielen Dank Herr Eggert“. Er hatte sich tatsächlich meinen Namen von meiner Bahncard gemerkt. Das fand ich sehr nett!
Das es nur in der ersten Klasse Plätze für Rollstuhlfahrer gibt ist aber auch diskriminierend, oder? Also für diejenigen, die nicht im Rollstuhl sitzen.
Müssen Gruppen, die einen oder mehrere Rollstühle dabeihaben, jetzt alle erste Klasse zahlen, wenn sie nicht auseinander gerissen werden wollen?
Es gibt natürlich auch weiterhin Rollstuhl-Plätze in der zweiten Klasse, vielleicht war in deinem Fall einfach kein anderer mehr frei??? Aber das ist alles reine Spekulation
@Eric Eggert
Nein, das ist so nicht richtig. Das hängt vom ICE-Typ ab. In meinem ICE gab es nur Rollstuhlplätze in der 1. Klasse. Das war ein ICE der 1. Generation, bei dem aus Wagen 9 eine 1. Klasse gemacht wurde. Früher war Wagen 9 ein 2.-Klasse-Wagen. Man kann die Rollstuhlplätze aber nicht verlegen, weil im Wagen auch eine Rollstuhltoilette ist.
[…] Die Bahn kommt… richtig gut schreibt Christiane aus der Sicht der Rollstuhlfahrerin – und meint es diesmal nicht ironisch. « Die Würde des Menschens ist unantastbar […]
Auch ich bin in letzter Zeit sehr beeindruckt von dem Service der Bahn. Freundliche Mitarbeiter, intelligentes Mobilitäts-callcenter und Mitdenkendes Bahnpersonal. Das einzige was fehlt, wäre eine Onlinereservierung von Rollstuhlplätzen…
Ich habe vorgestern auf der Strecke nach Schwerin mit ner Regionalbahn (so ein Cityliner) auch ähnliches miterlebt. Bei der Ankunft in Schwerin stand eine Dame von der Bahn am Bahnsteig und fragte einen blinden Mitfahrer freundlich ob er die Assistenz bestelllt hätte. Die ganze Art und Weise wie sie ihn danach zum Taxi geleitete und sich währendessen mit ihm unterhielt, erschien mir sehr (ungespielt) freundlich und insgesamt angemessen (in Bezug auf die Hilfestellung).
Man merkte einfach, dass sie wirklich weiß, wie sie ihm helfen kann, ohne ihn zu bemuttern. Muss wohl tatsächlich Schulungen gegeben haben (oder entsprechend viel Erfahrung).
Es gab tatsächlich Schulungen – bei kobinet hab ich gelesen das man sich als Rolli bewerben kann um als Anschauungsobjekt zu dienen :)
Wow Super sache.Sag mal , wie war es eigentlich beim austeigen??. Waren die Leute von der Bahn immernoch Freundlich.???
[Werbung gelöscht]
Das ist doch echt super :). Ich würde das der Bahn aber wirklich mal sagen… sonst kommen die womöglich noch auf die Idee und schaffen die SChulungen aus Einsparunsgründen wieder ab ;). Und jeder wird schließlich gern mal gelobt. Ich wette, die kriegen sonst fast nur böse Beschwerdebriefe.
Ich fahre ja nun seit 3 Monaten regelmäßig mit der Bahn zum Office. Keine lange Fahrt, nur eine Regionalbahn und ein wenig Straßenbahn.
Aber auch ich habe erstaunliches festgestellt. Der Service an den Schaltern war erstaunlich gut!
Die Damen wussten super bescheid, ich wurde einmal sogar direkt am Eingang abgefangen und gefragt was ich genau möchte und man hat mir genau gezeigt wo ich hin muss usw..
Da ich jahrelang keine Bahn gefahren bin, war ich mir nicht so sicher ob das eventuell normal ist… aber deine Erfahrungen kann ich bestätigen!
Das Servicepersonal scheint wohl ordentlich beigebracht bekommen zu haben, was der Kunde wert ist auch wenn er nicht im Rolli hockt!
Was nutzt der Service, wenn die Bahnen an vielen Tagen eher Räuberbandenlagern gleichen. Koffer und Taschen überall im Weg, meist junge Leute, die im Gang zwischen zwei Wagen liegen, Müll, bei denen due Servicekräfte nicht nachkommen. Ich wäre für die Einführung der Sitzplatz/Reserverierungspflicht im ICE – wie es in anderen Ländern, wie in Frankreich üblich ist. Ich beobachte, dass das Problem überhand genommen hat. Früher war es nur am Freitagnachmittag zu erleben. Mittlweile sind überfüllte ICEs die Regel, statt die Ausnahme. Anscheinend stopft die Bahn die Züge mit Sonderpreis-Tickets und Sparpreisen voll. Auch alles für den Börsengang.
Ich selbst habe zusammen mit einer Dame im Rollstuhl eine Schulung für das Servicepersonal vom Hamburger, Kieler und Lübecker Hauptbahnhof durchgeführt. Ich bin da auf sehr interessierte Menschen gestoßen. Es war sehr spannend, dafür zu werben, dass wir behinderten Bahnfahrer als „normale“ Kunden behandelt werden möchten und jeweils ganz individuelle Bedürfnisse haben. Andererseits war es auch mal gut zu hören, unter welchem Zeit- und Erwartungsdruck die Bahn-Mitarbeiter teilweise arbeiten müssen. Ich hoffe, dass die Bahn weiter mit den Schulungen macht. Nach meinen Erfahrungen bin ich da aber optimistisch.
Ich bin in dieser Woche von Hamburg nach Düsseldorf gefahren. Kann die positiven Erfahrungen von Christiane nur bestätigen. Der Fahrkartenkauf per Telefon, die Platzreservierungen und der Mobiltätsservice haben auf der Hin- und Rückfahrt ganz toll geklappt. Der Personal war immer sehr freundlich und hat mich als Kundin behandelt. Einzige Nachteile: Das Anlegen der Hublifte war nicht immer ganz leicht und beide Züge hatten eine halbe Stunde Verspätung. Das lag aber nicht an mir, sondern einmal an einem Lokführer, der nicht pünktlich zum Dienst erschienen ist :-).
Bahn fahren kann für Behinderte schon zum Spießrutenlauf werden.
Zum Thema „Automtische Rampen an Zügen“.
Mein Mann fährt Strassenbahn in Frankfurt Main. Dort gibt es in den neueren Zügen automatische Rollstuhlrampen.
Der Rollstuhlfahrer hat auch aussem an der Tram einen „Türöffnungsknopf“ nur für sich.
Der Fahrer bekommt ein Signal und fährt die Rampe aus.
So weit, so schön.
Nur geht kaum noch eine dieser Rampen.
Das liegt nicht an den Verkehrsbetriebn. Das liegt an einigen Rollstuhlfahrern.
Diese Rampen sind für maximal 300 Kilo ausgelegt.
Allerdings scheren sich da einige Leute in ihren schweren Elektro Rollis nicht drum. Und auch Rentner in diesen „Rantnermobilen“, fahren ohne Rücksicht auf Verluste auf die Rampe.
Das Ende vom Lied: Rampe kaputt, verbogen, kann nicht mehr eingzogen werden.
Die Tramm steht im Weg rum und blockiert auch nachfolgende Züge.
Wie weit die DB ihre geplanten „Automatikrampen“, stabiler und sicherer bauen will, ist mir noch ein Rätsel.
Die bekommen ja nicht mal ihre ICE Räder in den Griff.
@Jaddi
Du willst mir ernsthaft erzählen, dass heute noch massenweise E-Rollis durch Frankfurt fahren, die 150 – 200 Kilo wiegen und deren Besitzer mehr als 100 Kilo wiegt? Das kann mal im Einzelfall vorkommen. Meist liegt der Defekt der Rampen, die ich kenne, daran, dass sich kleine Steine vom Straßendreck darin verhaken oder sie einfach schlecht produziert sind und kein Gewicht aushalten. Nicht einmal 100 Kilo. Oder dass die Hydraulik kaputt ist und und und… Ich würde schätzen, in 99% der Fälle ist die Technik schuld nicht ein Rollstuhlfahrer, den man aus Versehen in einen Panzer statt in einen Rollstuhl gesetzt hat.
Na, dann kann das mit den Schulungen wirklich noch nicht lange her sein. Noch im Juli mußte sich ein rollstuhlfahrender Freund von mir, mit dem ich im Regionalverkehr unterwegs war, anhören, man müsse „den Rollstuhl umladen“. Eigentlich wollten die beiden Bahner damit ausdrücken, daß wir umsteigen müssen. Ich hoffe, die sagen das mittlerweile auch anders.
Ansonsten: Interessantes Blog, nehm ich gern in meine blogroll :-)
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