Sister Act barrierefrei

Wir haben Freunden von uns Karten zum MusicalSister Act“ geschenkt und uns für den gleichen Abend auch gleich welche gekauft.

Ich habe extra einen Termin ausgesucht, bei dem die Vorführung mit Audiodiskription läuft. Fast jedes Theaterstück oder Musical, das eine Saison lang in London läuft, wird pro Saison ein- bis zwei Mal mit Audiodiskription, also Beschreibung für blinde Zuschauer, mit Gebärdensprachdolmetscher oder Untertitel aufgeführt. Ein Newsletter und eine Webseite der Londoner Theater informiert regelmäßig, wann es diese Vorstellungen gibt.

Ich habe also im Theater angerufen, ihnen gesagt, dass ich Rollstuhlfahrerin bin und mein Freund blind und ich gerne vier Tickets kaufen möchte. Wir haben ziemlich gute Plätze bekommen. Ein paar Tage vor der Vorstellung bekamen wir einen Brief mit einer CD. Dort war die Beschreibung drauf – zum Vorhören. Im Theater selbst bekam mein Freund, sowie die etwa 15 anderen blinden Besucher einen kabellosen Kopfhörer über den während der Vorstellung die Beschreibungen übertragen wurden. Die Sprecherin beschrieb alles live – wer auf die Bühne kommt, wie das Bühnenbild aussieht etc. Sie kam später auch noch zu den blinden Besuchern und stellte sich vor.

Das Musical war übrigens erstklassig. Wer den Film „Sister Act“ mag, dem wird auch die Theaterversion gefallen. Außerdem ist das Theater, in dem das Musical aufgeführt wird, sehr hübsch.

17 Kommentare

  1. Laura sagt:

    Das ist doch mal eine gute Sache! :) Wie schön!

  2. Dorothea sagt:

    SO geht es offensichtlich auch – ohne „Mitleid“, ohne Gesülze, sondern ganz einfach Service für KUNDEN, nicht „Gutes tun für Behindis“.

    Zur Nachahmung empfohlen :-)

  3. Große Theater in Deutschland bieten zunehmend den Service für Hörgeschädigte, dass auf einem Laufband über der Bühne Untertitel eingeblendet werden. Aber von so einem Angebot für Blinde, wie du es beschreibst, habe ich noch nie gehört. Das ist ja klasse!

  4. Sandra sagt:

    Ich habe es während meiner Zeit in Edinburgh genau so erlebt. Alle größeren Theater haben jedes Stück, das in der Spielzeit auf dem Plan stand, mindestens einmal mit Audiodeskription aufgeführt. Dazu gehörte meist noch eine Touch Tour, bei der man vor Beginn der Aufführung auf die Bühne gehen konnte, um Bühnenbild und Kostüme anzuschauen. Als ich wieder in Deutschland war, hörte ich an meiner Uni einen Vortrag von Bernd Benecke, Hörfilmredakteur beim Bayrischen Rundfunk. Darin sprach er über Audiodeskription im Internationalen Vergleich und sagte, dass die in Deutschland erstellten Beschreibungen oft hochwertiger seien, als die aus anderen Ländern, er nannte da auch das UK. Das hat mich sehr geärgert. Er mag ja mit dieser Aussage Recht haben, trotzdem ist uns das UK mit der größeren Selbstverständlichkeit und Häufigkeit, mit der dort Audiodeskription angeboten wird, gerade auch bei Theatervorführungen, meilenweit voraus. Die Audiodeskriptionen, die ich erlebt habe, waren allemal gut genug, um mir zu ermöglichen, den Film oder das Stück ohne Hilfe vollständig wahrzunehmen.

  5. Julian sagt:

    Ein positives Beispiel, das Schule machen sollte!

  6. Christiane sagt:

    @Sandra
    Ich kann das überhaupt nicht bestätigen, dass die Audiodiskription in UK eine schlechtere Qualität hat als in Deutschland – weder im Fernsehen noch im Theater. Ich habe auch bei Sister Act reingehört und das war 1A beschrieben, zum richtigen Zeitpunkt und man hat wirklich alles mitbekommen.
    Die Frau, die das an dem Abend gemacht hat, macht das für sehr viele Londoner Theater und war hochprofessionell.

  7. Jaddi sagt:

    Dorothea: Du bringst es auf den Punkt, jedenfalls meiner Meinung nach. Mehr Service (egal welcher Art) bringt doch was für die Kunden, ob die jetzt behindert sind oder nicht.
    Ich würde soetwas auch „buchen“, ich sehe zwar einigermassen gut, aber solche Musicals ect. überfordern meine Wahrnehmung oft schon so sehr im Vorfeld, dass ich die Sachen auf der Bühne nur noch als bunten Brei mitbekomme.
    Sprich: Mein Hirn versucht noch das pure reinkommen ins Theater zu verarbeiten, wenn die Vorstellung längst läuft.
    Da quasi eine „Erklärung“ im Ohr zu haben, das würde ich auch buchen. Augen zu und genießen.

    Was mir mit meinem Krankheitsbild auch helfen würde:
    Bei solchen Veranstaltungen irgendwie den „Wust“ am Anfang zu umgehen. Die Möglichkeit vielleicht schon früher in den Saal zu kommen – lieber hocke ich da 60 Minuten und warte auf die anderen Gäste als mir den Horror Parklatz, Eingang ect. anzutun.

    Ein Grund nicht mehr ins Kino zu gehen ist nämlich die schiere Menschenmasse die sich vor dem Kino drängelt.

    Ich würde mir bei Kino, Musical, Theater und Co. zusätzlich buchbare Leistungen wünschen. Nur sind ja solche Sachen wie Christiane sie beschreibt, hier nicht mal gegen Aufpreis zu haben.

    Einen: „Ihr könnt in Ruhe und ohne Menschenmasse rein“ Service würden sicher auch einige Andere aus meinem Umfeld nutzen, Leute mit dem gleichen Krankheitsbild.

    Kino ging solange, bis man am Ende des Films noch vor dem Ende des Abspanns quasi rausgeworfen wurde – nicht mal warten darf man bis sich das Gewusel draussen etwas entwuselt hat.

  8. Christiane sagt:

    @Jaddi

    Hatte ich vergessen zu erwähnen: Wir durften auch eher rein, damit ich mich in Ruhe umsetzen konnte. Sie hatten mir angeboten weiter vorne zu sitzen, wenn ich mich umsetze oder weiter hinten ohne Umsetzen. Ich habe mich fürs Umsetzen entschieden.

  9. Jessica sagt:

    Hallo und vielen Dank für deinen Blogg,

    ich schaue gerne ab und zu vorbei und lese still mit und stelle immer wieder fest: obwohl ich mich (wie wohl alle) für einen offenen, vorurteilsfreien und nachdenkenden Menschen halte, habe ich noch nie darüber nachgedacht warum ich so wenig Blinde, Rollstuhlfahrer etc im Theater sehe…. weder in Deutschland noch in Schweden wo ich lebe….. schäm…..
    Danke, dass einem hier immer wieder die Augen geöffnet werden!

    Und frohe Feiertage!

  10. gb sagt:

    das waere doch mal was fuer Hamburg, Sister Act kommt ja in 2010 dorthin.

    Ob das dort allerdings auch nur annaehernd aehnlich laufen wird, wage ich zu bezweifeln…

  11. Dorothea sagt:

    @ 10
    Wahrscheinlich musst du in HH dann „dankbaaaar“ sein, wenn du als sichtbar „Behinderte“ rein „darfst“ und dich lieb-leise in dein Eckchen kuschen, wo der Anblick von „soeiner“ dann niemanden beim Kunstgenuss stört …

  12. gb sagt:

    @11: ups, die Benachrichtigung ueber Deine Antwort kam *heute* an..

    Ist HH dermassen behindertenfeindlich? Ich bin nicht „so sichtbar“ behindert und laufe noch meist ohne Gehstuetzen *auf-holz-klopf* – den Eintritt zu Veranstaltungen habe ich jobbedingt.

    Wenn eine Reportage zum Thema „Behindertenfreundlichkeit“ interessant ist, bin ich daran interessiert und wuerde mich ueber Kontaktaufnahme freuen.

    Schneegruesse aus HH…

  13. Charlotte sagt:

    Hallo, der Musical scheint echt gut zu sein… Habe nur den Film mit Woopy Goldberg gesehen. Danke für den schönen Tipp, werde es bestimmt mal schauen.

  14. Fiona sagt:

    Hallo,
    ich möcht nicht unhöflich sein, aber was genau hat denn die Frau bei der Beschreibung gesagt? Es ist ja leider so, dass Blinden das doch gar nichts nutzt, wenn sie von Geburt an blind sind, weil sie doch Farben und all das gar nicht unterscheiden bzw zuordnen können?!
    Ich find den Service erstklassig, weil es ja auch viele Blinde gibt, die ihr Sehvermögen erst später (während eines Unfalls oder durch eine Krankheit) verloren haben.

    In dem Theater war ich übrigens auch schon… du hast Recht: es ist echt super schön!

    Liebe Grüße :-)

  15. Christiane sagt:

    @Fiona
    Die Frau hat z.B. beschrieben, wer auf die Bühne kommt, wie die Leute aussehen, wie das Bühnenbild aussieht, wann das Bühnenbild wechselt etc. etc.
    Die Mehrheit der blinden Menschen ist übrigens nicht von Geburt an blind, sondern wurde es im Laufe ihres Lebens. Und auch geburtsblinde Menschen wissen durchaus, was es bedeutet, wenn ein Bühnenbild wechselt oder haben Vorstellungen wie sich „glitzernde Kleidung“ anfühlt, um mal nur ein Beispiel zu nennen. Schau Dir mal einen Hörfilm im Fernsehen an. Die Beschreibungen im Theater sind sehr ähnlich.

  16. Finn sagt:

    Das hört sich ja mal vorbildlich an!

  17. Sven sagt:

    Manchmal kann Freude so einfach sein. Während in England einfach beschlossen wird einen Service nur 1-2 mal pro laufzeit anzubieten, würde man bei uns wohl eher diskutieren ob man das nicht täglich anbieten muss – und über diese Diskussion vergehen dann Jahre.