Ich bin gerade dabei, die örtlichen Busfahrer und ihre Gesellschaften an mich zu gewöhnen. Das war bis jetzt immer so in London: Wenn ich umgezogen bin, dauerte es ein paar Wochen bis die Busgesellschaften gemerkt haben, dass es durchaus sinnvoll ist, zu kontrollieren, ob die Rampe funktioniert, bevor der Bus das Depot verlässt. Eigentlich ist das so vorgeschrieben, dass die Busfahrer bei Busübernahme checken müssen, ob die Rampe geht oder nicht. Aber die Praxis sieht leider anders aus.
Also geht eine Busrampe nach der anderen beim Ausfahren kaputt, bleibt stecken oder fährt gar nicht raus. Irgendwann kommt der Punkt, wo die Busgesellschaften sagen, sie müssen die Rampen regelmäßig warten, weil in Eltham regelmäßig eine Rollstuhlfahrerin Bus fährt und es ziemlich teuer ist, ständig defekte Busse aus dem Verkehr zu ziehen. Dann passiert das auch weit weniger. Aber an diesem Punkt sind wir noch nicht. Derzeit wird ein Bus nach dem anderen aus dem Verkehr gezogen, weil ich einfach nur von A nach B will.
Ich wollte nach Eltham auf der High Street einkaufen gehen und wartete auf den Bus. Dieser kam auch und ich merkte sofort, dass die Rampe nicht ordentlich ausfuhr. Die Rampenelemente steckten ineinander, aber sie reichte zum Boden. Ich sagte dem Busfahrer bescheid und er meinte, ich solle trotzdem drauf fahren, wenn ich das schaffen würde. Ich ahnte schon, dass sich die Rampe dann nicht mehr einfahren lässt, aber er bestand darauf, obwohl ich anbot, auf den nächsten Bus zu warten. „Nein, ist gar kein Problem.“
Ich war dann überrascht als er relativ schnell die Türe schloss und wohl auch kein Problem hatte, die Rampe einzufahren. Wir fuhren jedenfalls los. An den nächsten Haltestellen wollte niemand aussteigen und so fuhren wir in recht zügigem Tempo durch Eltham. Irgendwann stoppte der Busfahrer und sagte einem Fahrgast, der hinten am Notausgang saß, er solle doch bitte mal kontrollieren, ob der Notausgang richtig verschlossen sei. Er habe ein Warnsignal auf seinem Display, das er nicht kenne. Er vermute aber, es sei der Notausgang.
Ein paar Fahrgästen dauerte das zu lange und sie entschlossen sich, auszusteigen. Als sich die Türe öffnete, wurde klar, was das Warnsignal bedeutete: Der Fahrer hatte die Rampe nicht eingefahren und fuhr bereits mehrere Kilometer mit ausgefahrener Rampe durch die Stadt. Ich dachte, ich hätte ein Déja vu. War mir das doch schon mal passiert.
Ich machte den Fahrer darauf aufmerksam und er sagte: „Das ist unmöglich. Der Bus fährt nicht, wenn die Rampe noch draußen ist.“ Aber nachdem er selbst den Kopf aus dem Bus gesteckt hatte, musste er zugeben, dass ich doch recht hatte.
Die Rampe fuhr natürlich nicht mehr ein und auch der Unterboden des Busses war beschädigt und so blieb dem Busfahrer nichts anderes übrig, uns alle aussteigen zu lassen und seine Zentrale anzufunken. Ich bin sehr zuversichtlich, dass dieses Busunternehmen künftig ein Auge auf seine Rampen hat.
Schon irgendwie traurig. Hier in der Stadt haben die Stadtbusse zumindest Rampen, wie weit diese aber funktionieren weiß ich nicht.
Aber wehe man ist Rollstuhlfahrer und wohnt am Land. Da kann man den öffentlichen Nahverkehr vergessen. Hier fahren meist ältere Reisebusse, die fast alle keinen Lift haben. Und als ich den Busfahrer mal darauf angesprochen habe meinte dieser nur, er glaubt der Bus hätte einen, musste ihn aber noch nie benutzt…
Hier in Basel sind die Rampen (sofern vorhanden) nicht automatisch, man muss sie manuell ausklappen. Das ist zwar komplizierter, dafür wesentlich weniger störungsanfällig.
Es ist aber wirklich nur ein kleiner Teil des öffentlichen Verkehrs in Basel rollstuhlgängig. (Die neuen Trambahnen, die nur auf zwei Strecken verkehren, und die meisten Busse.)
Manche lernen halt nur durch harte Lektionen. Alle(?) Busse in und um Hamburg haben übrigens eine viel einfachere Low-Tech-Lösung: Man kann mit einem Handgriff eine große Klappe aus dem Bus klappen, die normalerweise flach im Boden liegt. Dann kommt wirklich jeder Rolli, jeder Kinderwagen und jede Omi in den Bus. Dazu muß der Busfahrer aber gelegentlich den Hintern vom Sitz nehmen und das Teil aus- und wieder einklappen. Bei genügend Fahrgästen macht das gelegentlich auch ein jüngerer Fahrgast in der Nähe, ist schließlich nicht sonderlich kompliziert. Man bekommt nur etwas schmutzige Finger, besonders im Winter. Die kräftigeren Rolli-Fahrer kommen aber oft auch so in den Bus und wieder raus, weil die Busfahrer so dicht an den Bordstein fahren, dass die Reifen daran scheuern, und die Busse beim Ein- und Aussteigen rechts abgesenkt werden. Da sind dann nur noch ein paar cm zu überwinden.
Tux2000
Das sind schon ziemliche Luxusprobleme. Bei uns fahren im Linienverkehr eigentlich fast ausschließlich Reisebusse. Ein Rollstuhl (natürlich ohne Fahrer) könnte bestenfalls im Gepäckabteil transportiert werden.
Mein Gott, das war ja richtig gefährlich. Kaum zu glauben, dass der Busfahrer damit gefahren ist.
@Gerhard: wo ist denn bitte ‚hier‘? Koennte mir das nur noch im Ueberlandverkehr vorstellen, aber gibt’s da keine Vorschrift zur Barrierefreiheit des OePNV?
@Claudia: Hast Du letztens den Bericht ueber die Schulbus-Untersuchung gesehen? Dann wundert Dich sowas nicht mehr… Mich wundert hoechtens, dass da (sowohl bei den Schulbussen als auch im hier geschilderten Beispiel) nicht mehr passiert…
gb
Tux,
ist ja nett, diese „Low-Tech“-Lösung – ABER: hast du dir überlegt, wie nervig und demütigend es ist, WILDFREMDE ständig BITTEN zu müssen, die Rampe auszuklappen? Gerade wenn es nass ist – die ZUMUTUNG zu bilden, jemanden um verschmutze Hände oder verschmutzte Kleidung zu BITTEN, weil man ja „so behindert“ ist und es wagt, ohne eigenen Pflegerallalla unterwegs zu sein? Die Blicke, die Bemerkungen, die dann nicht selten fallen?
Vielleicht bist du ja so ein Lieblein, dem „das nichts ausmacht“. ICH zumindest habe keine Lust auf entweder genervte, behindertenliebende oder mitleidsvoll-hoheitliche Mitreisende, die ich um Selbstverständlichkeiten, nämlich: die eigenständige Nutzung des ÖPNV, BITTEN muss.
Ich fahre in London regelmäßig mit dem Fahrrad herum. Die Busspuren sind für Radfahrer freigegeben und entsprechend beliebt, da man dort immerhin ein bisschen von dem sonstigen motorisierten Verkehr verschont bleibt. Bei der Vorstellung, von so einem Bus mit waagerecht abstehendem Sägeblatt überholt zu werden, wird mir ganz anders…
So haben denn ganz verschiedene Verkehrsteilnehmer ein Interesse an gut funktionierenden Rampen.
Du hast recht, das ist scheiße. Ich hab das Glück, Fußgänger und nur noch gelegentlich Motorersatz am Rolli zu sein.
Was ich aber bislang in den Hamburger Bussen gesehen habe, ist aber durchweg positiv gewesen. Entweder steht der Bus so günstig, dass der Rolli-Fahrer ohne weitere Umstände rein bzw. raus kommt, oder aber der Busfahrer steht SOFORT auf, wenn nicht schon ein mitdenkender Mitmensch OHNE Fragen die Klappe umgeklappt hat.
Die englische High-Tech-Variante ist auf jeden Fall noch nicht zuende gedacht. Sicher erspart sie viel Rennerei und schmutzige Finger, aber wenn ein Bus mit halb ausgefahrener Rampe fahren und beim Überholen in bester Ben-Hur-Manier die Mitmenschen niedermetzeln kann, bleibe ich lieber bei der dreckigen Klappe, die die Türen blockiert und schon beim Anfahren höllisch Funken schlagen und scheppern würde.
Auf jeden Fall ist der Busfahrer nicht ausreichend geschult gewesen, wenn er die Anzeigen für Rampe und Notausgang verwechselt. Vielleicht ist die Anzeige im Cockpit auch nicht sonderlich deutlich. An beidem kann man arbeiten, durch Nachschulung oder eine verbesserte Anzeige. Für den letzten Fall würde ein helles rotes Licht, z.B. eine Nebelschlußleuchte direkt im Sichtfeld des Fahrers sicher Wunder wirken. Die Idee ist übrigens nicht auf meinem Mist gewachsen, das habe ich mehrfach in Abschlepp-LKW gesehen, die mein altes Auto in die Werkstatt schaffen mußten. So lange die Ladefläche nicht in der fahrbereiter Position gesichert ist, bekommt der Fahrer eine Rotlicht-Kur.
Tux2000
Gerade heute hatte ich einen Termin bei Heag mobilo initiiert, nachdem ich seit ueber einem jahr ueber dysfunktionale Haltesignaltaster klage, da bei den neuen Strassenbahnen in Darmstadt ein Fehler in der Software vorlag, der Termin war im Endeffekt fuer die Katz, da nur vorgefuehrt wurde (allerdings nicht im richtigen Fahrbetrieb), dass alles wie gewuenscht funktioniere.
ABER: auf der Hinfahrt zum Strassenbahndepot drueckte ich auf den Kinderwagenhalteknopf und auf den Fahrerruf, damit der Fahrer mir die Rampe rausklappte, was dieser aber ignorierte, woraufhin eine aeltere Frau anbot, ihm Bescheid zu geben.
Obwohl ich vehement ablehnte, da ich ja Beweise sammele, dass es nicht funktioniert, lief sie los, blieb aber an der Stufe haengen und fiel in den Gang und kam nicht mehr hoch, woraufhin der Fahrer doch noch aufmerksam wurde, ausstieg und hinten die Rampe rauskappen wollte, sich allerdings zum Abstuetzen auf die Rampe stellte, die er auszuklappen versuchte, es durch meinen Hinweis auf die Unmoeglichkeit seines Ansinnens doch noch schaffte und mich aufforderte, jetzt einfach rauszufahren.
Auf mein lautstarkes Verlangen, doch bitteschoen zuersteinmal der getuerzten Frau aufzuhelfen, die nur seiner Reaktionslosigkeit wegen gestuerzt sei, packte er sie am Arm und zog sie hoch und wartete, dass sie sich jetzt ihre Taschen holen solle, die noch im Gang hinter der Stufe lagen, worauf ich ihn wiederum draengte, ihr doch behilflich zu sein …
Als wir dann beide gluecklich mehr oder wenigen unbeschadet die Bahn verlassen hatten, sprach ich noch kurz mit ihr.
Obschon sie einen unerschuetterten Eindruck machte und auch sehr ruestig wirkte, stellte sich heraus, dass sie bereits 82 Jahre alt war.
Sollte sie oefter an solche merkbefreiten Kollegen geraten, fuerchte ich fuer sie um Leib und Leben…
Ich weiß, das ist traurig – ich musste bei der Vorstellung dennoch breit grinsen. (Nicht so breit allerdings, wie ich immer noch in Erinnerung an Ihre Geschichte grinsen muss, in der Sie per Rolli die Verfolgung eines Busses aufnehmen, der sich weigerte, Sie mitzunehmen – a classic.)