Ich bin doch kein Hindernis für die Hochbahn, nur ein Verspätungsgrund

Ich habe die Hamburger Hochbahn angeschrieben und gefragt, warum sie mich als Hindernis ansehen. Sie haben mir geantwortet. Und ich habe nochmal Glück gehabt: Ich bin doch kein Hindernis. Ich bin nur Schuld an den Busverspätungen… Das ist natürlich viel besser… Selbst die Fahrpläne der Hochbahn sind nicht so knapp bemessen als dass das Ausklappen der Rampe (was übrigens mehrheitlich von anderen Fahrgästen und nicht vom Busfahrer erledigt wird) zu Verspätungen führt. Das geht sehr schnell und da es nicht so bescheuerte Rampen sind wie in London, besteht auch nicht die Gefahr, dass sie steckenbleiben. Und ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich den letzten Busfahrer gesehen habe, der jemandem mit einem Kinderwagen in den Bus geholfen hat. Das ist nämlich gar nicht mehr nötig seit Hamburg nur noch Niederflurbusse hat. Kurzum: Ich habe keinen Schimmer, von was die Hochbahn eigentlich redet.

Sehr geehrte Frau Link,

vielen Dank für Ihre E-Mail, mit der Sie uns Gelegenheit gegen, Ihre Beanstandung ins rechte Licht zu rücken.
Selbstverständlich ist es nicht unsere Intention, behinderte Fahrgäste als Hindernis darzustellen. Ganz im Gegenteil! In der Kampagne ging es darum, unseren Fahrgästen generell aufzuzeigen, welche vielfältigen Gründe es gibt, weshalb unsere Busse nicht immer pünktlich ihr Ziel erreichen, und welch komplexe Leistungen unsere Busfahrer jeden Tag erbringen müssen. Neben zahlreicher Probleme wie Staus oder Baustellen, kann es auch mal zu Verzögerungen kommen, wenn unsere Busfahrer Rollstuhlfahrern oder Fahrgästen mit Kinderwagen behilflich sind. Das ist vielen Fahrgästen gar nicht bewusst, weshalb wir auch diese Situation in unserer Kampagne aufgezeigt haben.

Sie äußerten völlig zu Recht, dass sie nicht als Hindernis dargestellt werden möchten. Das ist auch, wie schon zuvor erwähnt, absolut nicht unsere Absicht.
Leider ist die Formulierung etwas unglücklich. Darum werden Ihren Hinweis an die Agentur mit der Bitte um Änderung weitergeben, und bitten um Entschuldigung dafür, dass diese eigentlich gut gemeinte Kampagne bei Ihnen eine Fehlinterpretationen hervorrufen konnte.

Wir hoffen, dass wir Ihnen eine zufriedenstellende Antwort geben konnten. Sollte das nicht der Fall sein, dann rufen Sie uns gerne montags bis freitags in der Zeit von 9-18 Uhr unter angegebener Rufnummer an. Wir stehen Ihnen gerne für ein Gespräch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Leiter Beschwerdemanagement

10 Kommentare

  1. Solon sagt:

    Ich glaube auch, die Ursachenanalyse des HVV ist fehlerhaft. Schaut man sich noch einmal das gestern von Dir verlinkte Bild der Werbekampagne an, dann wird man nach einigem Suchen vielleicht doch noch den wahren Grund der Schwierigkeiten des HVV finden. Ganz links nämlich neben dem abgebildeten Haltestellenschild steht „Zeitvorgaben“.

    Vielleicht sollte der HVV die mal überarbeiten. Statistisch besehen sollten sich nämlich solche Ereignisse wie „Kunden, die kein Kleingeld haben“ oder „Kinderwagen“ sehr wohl in die Zeitvorgaben einrechnen lassen – anders als vielleicht schnell wechselnde Baustellen. Denn wie das Fahrgastaufkommen und die Zusammensetzung der Fahrgäste aussieht, dürfte über Jahre hin gleich bleiben. Diverse Verzögerungen, die also durch die auf dem Plakat gezeigten Dinge benannt werden, sollten sich auf einer Busstrecke über die vielen Haltestationen hinweg ausgleichen. Sind diese Verzögerungen jedoch nicht in den „Zeitvorgaben“ eingearbeitet, wird dieses Versäumnis des Managements auch nicht dadurch beseitigt, dass man die Kunden „um Verständnis“ anbettelt oder ihnen sogar indirekt vorwirft, sie seien selbst schuld, wenn der Bus zu spät kommt.

    Die Art der Werbekampagne, die Reaktion auf Deinen Brief und die anscheinend vorhandenen Schwierigkeiten mit vielen Verspätungen deuten für mich auf fehlendes Know-How des HVV-Managements hin.

  2. lachgas sagt:

    Wir haben hier (in Heidelberg) eine Buslinie die zum „Krüppelbunker“ im Nachbarort fährt (Schule für Körperbehinderte mit Ausbildung und Krankenhaus).
    Auf der Strecke sind Rollstuhlfahrer ja nun sehr wahrscheinlich und auch eigentlich immer üblich, dennoch passen die Zeitvorgaben einfach nicht richtig, denn Rampe ausfahren und wieder einfahren dauert schon relativ lang (ist so ne elektronische), aber es wird auch nicht einfach ein besserer plan gemacht … nein … man lässt einfach alles so und kommt zu spät…
    Und wenn die Rampe mal nicht funktioniert dann bleibt der rollstuhlfahrer eben stehen weil ihm zu helfen wär ja Arbeit und anstrengender als auf einen Knopf zu drücken.

  3. Dorothea sagt:

    Auf Anfrage werden wir also wieder ganz dolle liebgehabt.

    Duziduzidu, wir haaaaaben doch gaaaaaaaar nichts gegen dich, du dummes liebes Kindchen du.

    Ehrlich wird genau dann gesprochen, wenn der zu Bemitleidende/Bemutternde/Zu Bekümmernde nicht mehr anwesend ist. DANN ist „es“/so jemand auf einmal ein Hindernis oder eine Zumutung.

    Je nach Gusto.

  4. vivec sagt:

    Also, so habe ich die Kampagne von Anfang an verstanden. Außerdem – ich weiß nicht, wer von euch die Verkehrssituation in Hamburg kennt. Eine einzige Baustelle, eine verstopfte Kreuzung oder Ähnliches kann da ebenso für groteske Verspätungen sorgen wie eine Mutter mit umständlich rangierendem Drillingskinderwagen oder die sprichwörtliche Oma, die alles in Pfennigstücken bezahlt. Ich habe einmal hinter der Flora gestanden und einem Bus der Linie 181 zwanzig Minuten lang dabei zugesehen, wie er im Zentimetertakt näher kam. Es waren wirklich zwanzig Minuten. Da hatte es irgendwie gekracht… Und die Leute hier haben einfach wenig Verständnis für die Busfahrer.
    Mein Fazit dazu: Gut gemeint, nicht auf genügend political correctness in der Ausdrucksweise geachtet. Ich würde gern Tseng’s Law erfüllen, bin aber der Meinung, dass der Ball hier vielleicht doch lieber flach gehalten werden soll. Mich haben auch schon Leute unabsichtlich oder absichtlich beleidigt. Was schert die Wolken das Geheul der Wölfe?

  5. Kind der Zeit sagt:

    Bezüglich der Rampe darf ich dir an dieser Stelle einmal widersprechen: Auch wenn die meisten Busse inzwischen in Hamburg keine elektronische Rampe sondern eine per „Handbedienung“ eingebaut haben, so ist es dennoch möglich, dass aufgrund einer „Fehlfunktion“ der Bus ausgesetzt wird. Das heißt im Folgenden (von mir schon zweimal erlebt), die Klappe ist zwar manuell auszulegen, jedoch besteht eine elektronische Verbindung zur Tür, die ihr sagt, wann sie wieder richtig in ihrem Förmchen liegt, um kein Hindernis (um dieses Wort auch mal in einen anderen Zusammenhang zu bringen) für die Tür darzustellen. In den beiden Situationen, in denen ich mich befand, sah es zwar so aus als würde alles wunderbar funktionieren, aber das täuscht. Kaum war die Klappe drin und der – übrigens völlig genervte – Busfahrer will die Tür schließen, gibt es einen fiesen Piepston und die Tür lässt sich weder vor noch zurückbewegen. Da man ja aber nicht mit offener Tür fahren kann/ darf, müssen natürlich alle Fahrgäste aussteigen, nachdem ein Ersatzbus per Funk geordert wurde…..Natürlich ;-)

  6. Al sagt:

    ich finde, der fahrgast *an sich* ist ein Problemfall der Beförderung. Ständig die erzwungenen Stops an diversen Haltestelle. Ohne Passagiere könnte der Busfahrer auf direktem Weg zur Enthaltestelle gelangen. Schnell, fahrzeugschonend, umweltfreundlich.

  7. Sanníe sagt:

    Das Bild soll verdeutlichen, worauf ein Busfahrer alles achtgeben muß. (Und genau das steht da, sonst nichts.) Dazu gehört eben auch, daß er dafür zu sorgen hat, daß Kinderwagen und Rollstuhlfahrer ebenfalls an Bord kommen. Und zwar auch dann, wenn sich kein Fahrgast findet, der hilft die Rampe auszuklappen, falls dies nötig ist.

    Das Wort „Problem“ taucht in der Kampagne nicht auf.
    Die Bezeichnung „Hindernis“ wird anscheinend ausschließlich von der Agentur verwandt. Es gibt also keinen „Ton“ der Kampagne, den man beanstanden könnte. Warum nun ein Mitarbeiter des HVV genötigt wird, sich für etwas zu entschuldigen muß, das sein Laden gar nicht verbrochen hat, ist mir ein Rätsel. Die von Dorothea unterstellte Unehrlichkeit kann ich in der freundlichen Antwort nicht entdecken.

  8. Gerhard sagt:

    Ich find’s schade, dass viele Unternehmen nicht mehr zu ihren Aussagen stehen, sondern ständig meinen sich entschuldigen zu müssen.

  9. robin sagt:

    Dann behindere ich als Vater mit Kinderwagen und überzeugter Radfahrer – ähm ich meine natürlich „gefahrensucher“ – gleich doppelt ein Grund, warum ein Bus zu spät kommt …

    naja, ich meine ja auch, dass die Kampagne nicht so gut durchdacht ist, dennoch macht sie vielleich dem einen oder anderen klar, dass andere Menschen in anderen Lebensumständen sind – eigentlich wollte der HVV sicherlich nur um Verständnis und Toleranz bitten dafür, dass es eben in einem menschenabhängigen Dienstleistungsunternehmen zu Umständen kommen kann, die einfach nun mal so sind – so ist das Leben eben. Die Deutsche Bahn hat ja auch immer mit dem Vorwurf zu kämpfen, verspätet zu sein – dabei sagt niemand was, wenn er mit dem Auto kommt und wegen eines Staus eine Stunde verspätung hat – da heißt es dann im Gegensatz zur ach so doofen Bahn „Naja, da kann man ja nix machen“. Der Selbstmörder oder die vielen anderen menschlichen Gründe der Bahn für ihre Verspätung wird dann gern nicht gesehen.
    Im Fall des HVV könnte man Verständnis und Toleranz bestimmt weniger „beleidigend“ rüberbringen … da muss ich Christiane schon zustimmen

    @sannie:
    Der Mitarbeiter wurde angeschrieben, eben weil sein Laden die Kampagne in Auftrag gegeben hat und dann also auch abgesegnet und somit die Verantwortung für den Inhalt trägt …

  10. Kim sagt:

    Kim
    Als Interessierter kann ich sagen das es bei der Hochbahn im
    Linen Busverkehr Wahnwitzige Taktraten gibt.die es für das Fahrpersonal fast unmöglich machen Fahrpläne einzuhalten und Kundenorientiert zu handeln.
    Eingeplante Haltezeiten von 30sec.bis 1min.können und sind nicht
    geeignet auf Notwendigkeiten (Hilfestellungen) wie sie bei bei Fahrgäste mit Kinderwagen,Rollstuhl und Personen mit Körperliche Einschränkungen von Nöten wären.
    Bei der verkehrssituation gerade hier in Hamburg,jeder von uns weiss dies kann und wird es keinen Pünktlichen Bus Linenverkehr geben.
    Und wie „Sanni“schon darstellt sollte sich die Hochbahn mit
    dieser Problematik mehr Beschäftigen und nicht von sicherlich
    gut gemachter Mitleidswerbung alles auf das Fahrpersonal abschieben.