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Anderes Aussehen – kein Mitflug

Dass die Sicherheitskräfte am Flughafen im indischen Bangalore so ihre Probleme mit behinderten Passagieren haben, konnte ich selbst schon erleben. Jetzt ist eine Familie mit ihrem Sohn, der autistisch ist, abgewiesen worden, weil er „anders aussah“, kann man bei Desicritics lesen. Weil die Familie aber eine bekannte Schauspielerfamilie war und sich ziemlich über die Behandlung empört hat, durften sie dann doch mitfliegen. Ich kann mir die Szene lebhaft vorstellen, muss ich sagen. Bei mir hat Empörung auch geholfen. Bangalore ist zwar angeblich die High-Tech-Hauptstadt Indiens. Nur mit den Menschen läufts noch nicht so toll. Vielleicht sollte man da auch besser Computer hinsetzen.

Incredible India

Frau auf dem Buergersteig

Esel zieht einen Karren

Konferenzraum Microsoft
Inside Microsoft

Code auf der Glaswand eines Büros
Das papierlose Büro gibt es doch

Monitor mit Bildchen
Software für Analphabeten

Rampe vor dem Eingang von Microsoft
Outside Microsoft

Speiseöl in Kanistern
Purity in every can

Alte Frau auf dem Mofa

Behindertenparkplatz
Mitten im Verkehrschaos: Ein Behindertenparkplatz. Frei.

Autorikschas
Autorikschas

Was für ein langweiliges Leben

Wenn man so ein paar Tage Überbevölkerung, Chaos und Schlafdefizit am eigenen Leib erfahren hat und jetzt ganz kuschelig in der viel zu großen Wohnung sitzt und den Regen an die Scheibe prasseln sieht, der einem davon abhält, sich in das Konsumgetümmel der westlichen Welt zu werfen, kommt einem das Leben hier extrem langweilig und geordnet vor. Diese Umstellung ist schlimmer als der Jetlag, macht einem aber so richtig bewusst, wie priviligiert wir hier leben. Strom, warmes Wasser und Internet sind schon schöne Dinge, über die man sich gar nicht mehr so bewusst ist. Was so ein paar Tage ohne warmes Wasser, mit Stromausfällen und schlechter Internetverbindung doch erden können.

Der Rückflug

Wir versuchten vor der Abfahrt herauszukriegen, welchen Sicherheitsrestriktionen wegen der Geschichte in London unser Flug unterliegt. Ich war auf dem Hinflug nur mit Handgepäck gereist (ein Rucksack, eine Tasche). Ich hatte sehr sparsam und platzausnutzend gepackt. Nun war die Frage, ob man Notebook, iPod & Co. überhaupt mit ins Flugzeug nehmen durfte. Meine Tasche war definitiv völlig ungeeignet, um aufgegeben zu werden und in meinen Rucksack passte nichts mehr hinein. Ich besorgte mir sicherheitshalber noch eine dritte Tasche, um gegebenenfalls umpacken zu können.

In Delhi muss das Gepäck, das eingecheckt wird, direkt am Eingang gescannt werden. Danach bekommen die Taschen ein Plastikband rundherum, das verhindern soll, dass man die Taschen nochmal aufmacht. Als wir ankamen hieß es, für Delhi gebe es keine neuen Sicherheitsvorschriften. Ich sah mich schon mit meinem Notebook surfend im Flugzeug sitzen – zu früh gefreut.

Der Rest der Gruppe flog mit Air France, ich flog Lufthansa. Während wir da standen und warteten wurden plötzlich alle Check-In-Schalter von Air France geschlossen. Die Lufthansa-Schalter waren noch nicht offen, weil mein Flug erst später ging. Dann fiel der Strom aus und wir saßen kurze Zeit in totaler Dunkelheit in dem riesigen Terminal. Man gewöhnt sich da übrigens irgendwann dran, dass man von einer auf die andere Minute im Dunkeln sitzt. Nachdem die Schalter wieder offen waren, gab Air France bekannt, dass man keine Batterien mit ins Flugzeug nehmen durfte. Das gelte für alle Flüge ab Delhi. Immerhin das Notebook durfte mit, wenn auch ohne Akku. Ich packte den iPod, meine Kamera und das Akku meines Notebooks in den Rucksack. Den musste ich jetzt wohl oder übel einchecken.

Irgendwann öffnete dann auch der Lufthansa-Schalter, ich gab meinen Rucksack auf, fragte nochmal nach den Regelungen und man bestätigte mir, dass es okay sei, mein Notebook ohne Akku mitzunehmen. Überall saßen jetzt Leute auf dem Boden und packten um. Ich ging durch die Grenzkontrolle und von dort in die Lounge. Ich hatte noch mehrere Stunden Zeit bis ich abflog und unterhielt mich nett mit zwei Engländern.

Vor meinem Gate war eine riesige Schlange. Die Sicherheitsleute waren den neuen Auflagen für die Kontrollen gar nicht gewachsen. Es gab eine Durchsage, die ich nicht verstand. Weit und breit gab es keinen Mitarbeiter und so zog ich einfach an der Schlange vorbei. Eigentlich wollte ich mich später wieder einreihen, wenn ich wusste, was los war, aber dazu kam es gar nicht. Man schleuste mich sofort vor zur Kontrolle. Sie akzeptierten das Notebook ohne Akku und alles war in Ordnung. Auch für meinen Rollstuhl interessierten sie sich nicht. So war ich relativ früh an Bord. Es gab wieder keinen Bordrollstuhl von Seiten des Flughafens, aber Lufthansa hatte einen an Bord. Mein eigener Rollstuhl wurde wieder mit an Bord genommen, klappte alles bestens und ich war sehr froh, Lufthansa geflogen zu sein. Ich aß noch was und schlief sofort ein. Erst in Frankfurt wachte ich wieder auf. Meinen Anschlußflug nach Hamburg hatte ich leider verpasst, weil wir wegen der Sicherheitskontrollen in Delhi eine Stunde verspätet abhoben. Aber die Lufthansa buchte mich auf die darauffolgende Maschine um, die ansich schon überbucht war. Es ist alles super gelaufen! Ein riesen Lob an Lufthansa, die mich sehr unterstützten.

Und noch ein Lob muss ich aussprechen: An meinen Rollstuhlhersteller Pro Activ. Was mein Rollstuhl in den vergangenen 14 Monaten, seit ich ihn habe, und insbesondere in den vergangenen Tagen mitgemacht hat, ohne nur eine Schraube zu verlieren oder sonst irgendeinen Defekt zu haben, lässt wirklich auf Qualität schließen. Die indischen Fahrer gingen mit dem guten Stück nicht wirklich pfleglich um, quetschten ihn irgendwo rein und ständig wurde er in seine Teile zerlegt. Das hat er alles problemlos mitgemacht. Er muss jetzt nicht mal in Reparatur.

Disclaimer: Ich habe einen Trainervertrag mit Lufthansa Flight Training. Ich hätte aber auch jede andere Airline gelobt, wenn sie mich heil von und nach Indien gebracht hätte.

Delhi

Ich hatte weder Zeit noch eine gute Möglichkeit von Delhi aus zu bloggen. Die Internetleitung war einfach zu schlecht und brach ständig ab. Seit heute morgen bin ich wieder in Deutschland und bin sehr froh, heil wieder zu Hause zu sein.

Delhi ist wirklich anders als der Süden Indiens. Während in Bangalore die Menschen auf der Straße neugierig waren und froh waren, wenn man mit ihnen redete, geht es Delhi nur ums Geld. Schon am Flughafen wollte mich ständig irgendwer irgendwo hinschieben (ohne vorher zu fragen natürlich), in der Hoffnung, Geld dafür zu bekommen. Ein freundliches „Nein, danke“ reichte da bei weitem nicht. Man musste die Leute schon wegschubsen oder anplärren, um sie los zu werden. Sehr unangenehm, aber sonst wäre ich ständig irgendwohin geschoben worden.

Wir wohnten im Ashok-Hotel, einem Staatsladen. Es gab ganze Armeen an Kellnern, aber was sie wirklich taten, war nicht zu erkennen. Mein Zimmer war barrierefrei, aber das Bad war ziemlich verdreckt. Zigarettenstummel lagen rum und es gab auch kein warmes Wasser. Auch der Fernseher ging nicht. Vor dem Hotel war eine Rampe mit etwa 30 Prozent Steigung. Die Pagen haben mich immer hoch- und runtergeschoben, was nicht ganz ungefährlich war. An einem Abend habe ich gegen Bakshisch einen Mitarbeiter dazu gebracht, mir WLAN im Zimmer zu aktivieren, so dass ich wenigstens meine Artikel absetzen konnte.

Am Freitag waren wir in Delhi unterwegs und ich muss sagen, ich war angenehm überrascht: Das Regierungsviertel sieht aus wie geleckt,

Verkehr in Delhi

es gibt schöne Parks

Park vor einer Grabstätte

und historische Anlagen und sehr gepflegte Grabstätten von Mogulen.

Grabstätte, die aussieht wie eine Moschee

Die historischen Stätten sind alle barrierefrei, es sind sehr geschmackvoll Rampen nachgerüstet aus alten Steinen.

Ruine

In einem total barrierevollen Land sind ausgerechnet die historischen Stätten barrierefrei. Man muss Eintrittsgeld zahlen. Für Ausländer gelten andere Preise als für Einheimische.

Schild mit Eintrittspreisen

Aber wir haben auch ein anderes Gesicht Delhis gesehen: Abgemagerte Kinder, die zwischen den Automassen Tänze aufführen, um Geld von den Leuten in Autos zu bekommen. Schwer kranke Menschen, die an die Autoscheiben klopfen. Unfälle, zu denen kein Krankenwagen fährt. Am Flughafen haben mir zwei englische Geschäftsmänner erzählt, dass ihr Rikschafahrer von der Polizei verprügelt wurde als er sie im Halteverbot aussteigen ließ. Auf den Autobahnen laufen Kühe rum. Sie sind heilig und dürfen deshalb wohl machen, was sie wollen. Menschen versuchen die Autobahnen zu überqueren und werden fast totgefahren. Studenten, die in Agra waren, erzählten mir, das sie gesehen haben wie ein Bus auf einen Mopedfahrer kippte.

Die Menschen in Delhi kennen Distanz zu anderen überhaupt nicht, scheint es. Die Autos berühren sich fast, wenn sie fahren. Man wird immer angefasst, es herrscht ständig Gedränge. Viele Autos sind schrottreif. Auf dem Weg zum Flughafen fuhren wir in einem Taxi mit einer derart durchgesessenen Rückbank, dass man eigentlich auf dem Boden sass. Man muss die Taxifahrer immer überzeugen, den Rolli nicht auf dem Dach zu transportieren. Vom Flughafen erzähle ich später.

Bangalore

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich bin überwältigt von den ganzen Eindrücken, die ich hatte. Vielleicht fange ich chronologisch an. Nach der kurzen Nacht sind wir ins Microsoft Research Center gefahren, ein sehr modernes Gebäude mit europäischer Innenausstattung. Es gibt eine Rampe vor der Tür und eine Rollstuhltoilette im Erdgeschoss (falls jemand mal in Bangalore eine Rollstuhltoilette sucht…). Einen Fahrstuhl gibt es natürlich auch. Wir haben dort den ganzen Tag verbracht, ich habe viele nette Leute kennen gelernt und fühlte mich rundum wohl. Ich bewege mich mit einem Auto und Fahrer durch die Stadt. Die anderen Journalisten reisen im Minibus, der viel zu hoch für mich wäre. Das Hotel hat keinen ebenerdigen Eingang. Aber über die Tiefgarage kommt man rein – wenn nicht gerade wieder Autos vor dem Fahrstuhl parken.

In der Innenstadt von Bangalore war ich auch. Ich bin alleine los und wollte mal testen, wie weit ich komme. Das Haupthindernis sind die Bürgersteige. Sie sind fast nicht befahrbar und irre hoch. Zudem regnete es auch noch stark und alles schwamm weg, aber die wichtigsten Straßenzüge habe ich gesehen. Ich habe immer irgendeine Stelle gefunden, wo der Bürgersteig kaputt war und man auf die Straße konnte. Das ist zwar etwas riskant bei der Fahrweise hier, aber es ist soweit gut gegangen. Die Geschäfte haben alle Stufen vor den Türen, aber da es hauptsächlich Ramsch gab, war mir das egal.

Man muss sagen, ich wirke hier schon sehr wie eine Außerirdische. Die Leute gaffen mich hemmungslos an, bilden Menschentrauben, Autos bleiben stehen. Ich habe gehört, dass behinderte Menschen in Indien zum normalen Bild gehören. Den Eindruck habe ich bislang nicht. Ich habe nur einen behinderten Mann gesehen, der in einem Schubkarren von einem anderen behinderten Mann geschoben wurde. Beide sahen hundeelend aus. Viele Leute kommen einfach auf mich zu und fragen, woher ich komme. Manche wollen Geld oder Dienstleistungen wie Schuhe putzen verkaufen. Überhaupt sind die Menschen sehr freundlich und ich fühle mich sicher. Manche Passanten sprechen mich an und sagen mir, dass sie für mich beten werden. Tsja, es ist halt alles eine Frage der Perspektive. Für die Menschen hier bin ich trotzdem „ärmer“ dran als sie selbst.

Abends gab es ein klasse Abendessen im besten Restaurant am Platze. Überhaupt schmeckt das Essen hier ganz wunderbar und ich vertrage es auch. Es ist sehr scharf, wobei die Inder versichern, sie würden für uns schon mild würzen. Ich habe den ganzen Tag einen starkes Brennen im Mund, aber man gewöhnt sich daran.

Fotos kommen noch, sobald ich eine bessere Internetverbindung habe. Das ist ein bisschen schwierig hier.

Willkommen in Indien

Okay, ich bin angekommen. Bin in meinem Hotelzimmer und habe noch keine Ahnung, wann ich diesen Blogeintrag online stellen kann. Alles ist hier furchtbar umständlich. Der Transport, die Gepäckträger, die Anmeldeprozedur im Hotel und nicht zuletzt der WLAN-Zugang. Dafür braucht man irgendeine Karte, die ich natürlich nicht besitze.

Ich habe von Bangalore noch nicht viel gesehen, wobei der Weg vom Flughafen zum Hotel schon sehr weit war. Es gibt riesig hohe Bürgersteige, wobei der Begriff „Bürgersteig“ schon übertrieben ist. Flächen, auf denen sich vorwiegend Fußgänger aufhalten. Dann gibt es Häuser, die total runtergekommen sind. Dort leben aber durchaus Menschen und sie sind auch nicht zu runtergekommen, dass man sie nicht doch noch mit Werbetafeln vollhängen könnte. Wie reingeknallt stehen dann die Glaspaläste von irgendwelchen Firmen daneben. Ich habe schon zwei Gebäude der Deutschen Bank entdeckt.

Verkehrsregeln scheint es hier keine zu geben. Ampeln sind nur Zierde, man hupt einfach, wenn man meint, man hätte Vorfahrt. Auch das Hotel hat so seine Eigenarten. Jeder musste seinen Pass abegeben, der wurde kopiert und dann wurde in einem furchtbar umständlichen Verfahren die Zimmer verteilt. Das ganze dauerte rund 30 Minuten. Da kontinuierlich Vorname mit Nachname vertauscht werden, ruft der Mann an der Rezeption die anderen aus der Gruppe jetzt immer „Mister Hans“ und „Mister Jens“. Ich habe das System aber sofort durchblickt und habe meinen Namen falsch angegeben. Folglich bin ich“Misses Link“. Mein Zimmer ist nicht wirklich barrierefrei, aber die zwei Nächte werde ich klar kommen. Wenn ich über das Klo klettere, habe ich gute Chancen die Badewanne zu erreichen. Vor dem Hotel sind 1000 Stufen, aber durch die Tiefgarage komme ich rein. Das Hotel gehört zu Le Meridien. Es liegt übrigens nicht nur an Indien, dass es nicht barrierefrei ist. Selbst im nagelneuen Le Meridien in Hamburg sind nicht alle Bereiche barrierefrei. Ich kenne weltweit kein einziges „Le Meridien“, das ich das Gütezeichen „Barrierefrei“ geben würde.

Überrascht war ich übrigens wie gut das Aussteigen aus dem Flugzeug geklappt hat. Es waren sieben (!) Leute da, um mich aus dem Flugzeug zu holen und es gab sogar eine Fluggastbrücke (Finger). Das heißt vom Flugzeug bis zum Auto begegnete ich keiner Stufe. Auch nicht im Flughafen selbst. Es gab einen Fahrstuhl und überall Rampen. Sogar eine Rollstuhltoilette habe ich gesehen. So, ich geh jetzt schlafen. Hier ist es schon nach 3 Uhr nachts.

Über den Wolken

Nein, ich bin noch nicht in Indien angekommen, aber es läuft bislang alles prima. Es gibt Internet an Bord und ich befinde mich gerade über Teheran in 3600 Metern Höhe. Bislang hat alles geklappt. Ich hatte Gott sei Dank genug Umsteigezeit, denn ich bin in Frankfurt in der blöden Flughafenbahn hängen geblieben auf freier Strecke. Das Ding fuhr einfach nicht mehr und so standen wir da 20 Minuten bis wir wieder an den Einsteigebahnhof zurück gefahren wurden.

Der Flieger hatte leider eine Stunde Verspätung, weil die Maschine zum einen verspätet ankam und zum anderen wieder irgendwelche Leute nicht erschienen sind, aber das Gepäck bereits eingeladen war. Die Crew ist super nett. Ich habe meinen Rollstuhl an Bord und muss nicht Angst haben, dass er irgendwie abhanden kommt.

Die Hälfte des Fluges habe ich hinter mir. Das Essen ist auch super. Kurzum: Bis jetzt ist alles gut gegangen.

Ab nach Indien

Flugzeug