Ich war schon ewig auf keiner Web2.0-Konferenz mehr, habe aber trotzdem gerne zugesagt, als man mich fragte, ob ich auf der Re:publica ein Vortrag über das Thema „Digitale Identität“, dieses Blog und meine Erfahrungen mit Facebook, Twitter & Co. berichte. Außerdem freute ich mich, auf ein paar schöne Tage mit alten Bekannten in Berlin. Es war ein bisschen „back to the roots“ für mich.
Einer der Kooperationspartner der Re:publica war die Aktion Mensch. Für mich war deshalb klar, das wird eine barrierefreie Veranstaltung. Ich gebe zu, das war naiv von mir.
Mein ersten Zweifel kamen mir bereits im Hotelzimmer, das für mich gebucht worden war. Ich hatte ein Zimmer, in dem ich mich kaum bewegen konnte. Zwischen Schreibtisch und Bett war so wenig Platz, dass mein Zimmer quasi halbiert war: In die eine Hälfte, in der ich sein konnte und die andere, die durch den engen Durchgang nicht erreichbar war. So konnte ich auch nicht am Schreibtisch sitzen. Das Hotel wirbt explizit mit der Barrierefreiheit seiner Zimmer, habe ich auf der Homepage gesehen. Man kann den Veranstaltern kaum einen Vorwurf machen. Mein Zimmer war aber nicht nur sehr unglücklich eingerichtet, es war auch ein im 1. Stock direkt an der Straßenbahn ohne Iso-Fenster gelegenes RAUCHERzimmer.
Am zweiten Abend, nachdem ins Nachbarzimmer ein Kettenraucher eingezogen war und der Rauch dank Klimaanlage in meinem Zimmer landete, bat ich um ein neues Zimmer: Enge, Lärm und Rauch fand ich ein bisschen viel Zumutungen. Um es kurz zu machen: Das Hotel war nicht in der Lage, mir bis zum Ende der Re:Publica ein neues Zimmer zu geben. Was lernt man daraus: Glaube nie den Werbeversprechen eines Unternehmens, wenn es um Barrierefreiheit geht.
Der erste Tag der Re:publica begann damit, dass ich um den Friedrichstadtpalast kurvte, um den barrierefreien Eingang zu finden. Ausgeschildert war nichts und der Haupteingang war nur über viele Stufen zu erreichen. Ich habe dann jemanden reingeschickt, um fragen zu gehen. Überhaupt habe ich auf der Re:publica ziemlich viele Leute irgendwo hingeschickt, um irgendwas zu fragen, zu holen und auszurichten. Es gab einen Seiteneingang. Nachdem man den richtigen Menschen samt Schlüssel gefunden hatte, war die Tür offen. Sollte aber geschlossen bleiben. „Sagen Sie mir bescheid, wenn Sie wieder raus wollen“, sagte mir der Fliegenträger vom Friedrichstadtpalast. Das wollte ich aber nicht, denn die Veranstaltung fand in zwei Häusern statt: Dem Friedrichstadtpalast und der Kalkscheune. Und draußen war das Wetter spitzenmäßig und alle Leute gingen ständig raus und rein. Das wollte ich auch. Am 2. Tag wechselte das Personal und plötzlich war auch die Tür dauerhaft offen. Wenn es schon getrennte Eingänge für Rollstuhlfahrer gibt, lasst sie offen. Ich komme mir nicht sehr willkommen vor, wenn ich ständig vor verschlossenen Türen stehe.
Ein ähnliches Problem ergab sich nach der Quizshow im Friedrichstadtpalast (fand ich übrigens sehr unterhaltend!). Es gab eine Party in der Kalkscheune. Die Kalkscheune hat mehrere recht steile Stufen vor der Tür aber einen barrierefreien Seiteneingang. Aber keiner der Türsteher war bereit, mir diesen zu öffnen. So stand ich 30 Minuten vor der Kalkscheune, schickte eine Person nach der anderen rein, um die Leute zu bitten, mir die Tür aufzumachen. Schlussendlich sagten die Türsteher, sie ließen mich nur rein, wenn ich mich tragen lasse, was völliger Unfug war, denn die Kalkscheune ist völlig zugänglich, wenn man nur eine Tür aufmacht. Da war der Punkt, an dem ich richtig sauer war und den Tag verflucht habe, an dem ich für den Kongress zugesagt habe. Keine Sorge, das änderte sich am 2. Tag gleich wieder, nach dem ich meinen Vortrag gehalten habe und viele nette Menschen getroffen habe. Aber mein Abend war eigentlich gelaufen. Ich weiß nicht, ob es klar ist, wie man sich fühlt, wenn man vor einem Gebäude steht und Menschenmassen an einem ins Gebäude ziehen, aber man selber wird völlig ignoriert, ganz gleich, wie viele Menschen man um Einlass bittet. Als dann endlich jemand von den Veranstaltern auftauchte – gerade noch rechtzeitig, denn ich war kurz davor, die ganze Re:publica sausen zu lassen – und mir ebenfalls vorschlug, mich die Treppen hochtragen zu lassen, war ich wirklich kurz vorm Platzen vor Wut. Ich kann und konnte nicht verstehen, wieso fünfstellige Summen von einer Behindertenhilfe-Lotterie in einen Kongress fließen, aber nicht einmal die einfachsten Dinge bedacht wurden: Wenn Rollstuhlfahrer kommen (und auch wenn man keine erwartet), öffnet man den barrierefreien Eingang. Vor allem dann, wenn man sie selber eingeladen hat. Ich habe dann später erfahren, dass es eigentlich dazu ein Briefing gab. Ich habe mit den Organisatoren gesprochen und auch mit der Aktion Mensch. Warum es trotzdem schief gelaufen ist, kann man eigentlich nur mit Ignoranz Einzelner erklären. Aber daran scheitern diese Dinge oft.
Dass das WLAN während fast der ganzen Veranstaltung nicht ging, empfand ich wegen der Vorkommnisse des ersten Tages fast als Lappalie. Die Konferenz wurde für mich mit dem 2. Tag dann auch weit besser. Die Twitterlesung war ganz großes Kino und ich habe mich sehr gefreut, so viele Menschen zu treffen, die ich lange nicht mehr gesehen hatte oder eigentlich nur virtuell kenne.
Da war mir dann auch egal, dass ich eine Veranstaltung verpasste, weil ich den barrierefreien Weg dorthin nicht fand und auch keiner da war, um zu fragen. Und selbst die doofen Erfahrungen vom Vortag verursachten noch das ein oder andere interessante Gespräch.
Zum Nachdenken hat mich gebracht, dass die Aktion Mensch mit der Methode „Wer zahlt, bestimmt was gespielt wird“, bestimmte Themen bei so einer Konferenz setzt. Ich schwanke noch zwischen „Genialer Lobbyismus für eine gute Sache“ und „Geht es wirklich nicht anders?“. Aber große Konzerne machen das genau so. Aber sollte es nicht selbstverständlich sein, dass eine Konferenz, die sich mit der Gesellschaft befasst, allen Menschen offen steht und auch verschiedene Gesellschaftsgruppen unter den Referenten widerspiegelt. Wenn dieser Anspruch aber schon bei den Geschlechtern (es waren weit weniger Frauen da als Männer) nicht klappt, wie soll das dann bei einem Thema wie Behinderung funktionieren? Ich habe noch keine Antwort gefunden, aber eines hat die Re:publica bei mir erreicht: Mich zum Nachdenken angeregt.
Sehr traurig! Als Nicht-Betroffener bekommt man das ja nicht wirklich mit.
Aber es regt zum Nachdenken an und erinnert daran wie wichtig es ist auf solche Dinge zu achten. Das die Türsteher sich dann um so etwas nicht kümmern, ist allerdings mehr als bedenklich.
[…] Nachtrag // 06.04.09 Über die Konferenz ist ja (nicht nur von mir) viel ins Netz geschrieben worden. Ein etwas anderes Bild der re:publica ‘09 zeichnet Christiane Link in ihrem Blog. […]
[…] Nachtrag // 06.04.09 Über die Konferenz ist ja (nicht nur von mir) viel ins Netz geschrieben worden. Ein etwas anderes Bild der re:publica ‘09 zeichnet Christiane Link in ihrem Blog. […]
Wenigstens beim WLAN Zugang wurden alle Teinehmer gleichermaßen behindert. So warst du als „Sorgen Kind“ nicht alleine. Die Behinderungen die Dir durch Ignoranz entgegen schlugen sind nicht hinnehmbar.
Bitte wieder regelmäßiger und öfter Blogen.
[…] Re:publica 09 – barrierefrei geht anders Einer der Kooperationspartner der Re:publica war die Aktion Mensch. Für mich war deshalb klar, das wird eine barrierefreie Veranstaltung. Ich gebe zu, das war naiv von mir. (tags: Barrierefreiheit Menschen Bloggen) […]
[…] richtig um die Organisation gekümmert haben (richtig: nicht funktionierendes WLAN, und das Fehlen eines Barrierenfreien Zugangs für körperlich eingeschränkte Menschen ist durchaus schwer nachzuvollziehen), bei […]
[…] Behindertenparkplatz » Re:publica 09 oder back to the roots Christiane Link erlebte auf der re:publica 09 leider nicht nur gute Gespräche mit netten Leuten, sondern einige Einschränkungen dank mangelnder Barrierefreiheit. (tags: barrierefrei behinderung disability diskriminierung republica) […]
[…] Behindertenparkplatz: “Die Twitterlesung war ganz großes Kino” […]
Damn. Hätten wir uns bei der Party in der Kalkscheune bereits „gekannt“ und ich hätte das mitbekommen hätte ich diesen hirnlosen Bouncern solange meine Meinung gegeigt bis sie es gerafft hätten, dass es gar nicht so schwierig ist eine Tür zu öffnen.
Leider gibt es zu viele dieser Menschen auf der Welt:
Sie bekommen eine Regel eingebläut und sobald sie diese durch ihr Handeln brechen könnten, scheuen sie davor zurück. Im Grunde muss man fast Mitleid mit ihnen haben. Schließlich zeugt ihr (Nicht)Handeln nicht nur von Dummheit, sondern auch von Angst. Denn es könnte ja jemand sehen, dass sie die Tür aufgemacht haben, obwohl sie es ja nicht dürfen, weil dann ja auch „nicht-behinderte“ Leute ohne Bändchen sich reinschleusen könnten. Boah. Das hat echt was von http://www.hier-ist-dein-schild.de/ – gute Idee eigentlich. Dann muss man mit solcher Art Menschen seine Zeit nicht verschwenden.
Christiane, ich glaube, Andreas hat sich in unserem Namen schon entschuldigt, ich tue das aber gerne auch nochmal hier „persönlich“: Es tut mir leid, dass das so stressig und nervig für dich war und ich bitte dafür um Entschuldigung. Ich habe ja die Nummer mit dem Schlüssel selbst mitbekommen und habe danach darum gebeten, die Tür dauerhaft besetzt zu halten, damit das nicht noch einmal vorkommt. Finde ich auch sehr ärgerlich.
Noch schlimmer ist es natürlich, wenn sich in der Kalkscheune niemand dazu berufen sah, mal eben eine Tür nebenan aufzuschließen, das geht gar nicht. Wir haben das im Vorfeld mehrfach kommuniziert, offenbar scheitert man dann aber doch an der Willkür einer Person. Mit Geld hat das wenig zu tun: die Rampen, die extra für die Bühnen gekauft wurden, standen ja und die Kalkscheune ist vom zweiten Eingang aus sehr gut zugänglich. Solange dort jemand für eine offene Tür sorgt …
Ich werde auch noch mit Peter und Raul über ihre Erfahrungen reden, denn zumindest an den Tagen selbst habe ich keine Klagen von den beiden gehört, bin aber gespannt auf ihr Feedback und ihre Erlebnisse, denn natürlich kommt das alles nochmal auf den Tisch.
Das es kein Briefing gegeben habe, ist nicht wahr, wir haben das Thema Barrierefreiheit sowohl mit der Kalkscheune als auch mit dem FSP mehrfach durchgesprochen, ein paar Mal war ich selbst dabei und uns wurde Problemlosigkeit zugesagt.
Was das Hotel angeht: Die haben sich ebenfalls entschuldigt, sagen aber, dass auf ihrer Site nicht „barrierefrei“ stünde, sondern „behindertenfreundlich“, was man zwar für Haarspalterei halten kann, offenbar macht das aber einen wirklichen Unterschied in der Definition. Auch die genauen Maße der Zimmer seien wohl angegeben, es seien also keine falschen Versprechungen gemacht worden.
Man müsste also uns den Vorwurf machen, dass wir dir kein barrierefreies, sondern nur ein behindertenfreundliches Zimmer reserviert haben und auch nicht angegeben haben, dass es ein Nichtraucherzimmer sein muss. Das Hotel scheint da weniger Schuld zu treffen, es lag in diesem Fall eher an unserer Ahnungslosigkeit, was die wichtigen Unterschiede in der Definition angeht. Wir gingen wahrscheinlich davon aus, dass ein „behindertenfreundliches Zimmer“ barrierefrei ist. Ein Fehler. Entschuldige bitte.
@johnny
Danke für den Kommentar. Es stimmt, ich habe unterdessen mehrere Entschuldigungsmails von mehreren Leuten und Stellen bekommen, die ich auch alle gleich beantwortet habe: Alle Entschuldigungen angenommen. Ich finde prima, dass Ihr die Angelegenheit ernst nehmt und daraus lernt.
Ich weiß, es gab ein Briefing. Ich glaube, das hast Du falsch gelesen. Das wurde mir am 2. Tag gesagt als ich die Probleme ansprach. Habe ich oben ja geschrieben. Das macht es aber eigentlich noch bedauerlicher. Es lag an einzelnen Leuten, die es besser hätten wissen müssen – und daran liegt es fast immer.
Das Hotel steht dann für die nächste Republica wohl auf der schwarzen Liste, oder? Die Ausrede „Wir sind nur behindertenfreundlich, nicht barrierefei“ kenne ich schon. Diese Definition ist eine pure Ausrede, sonst nix. Es gibt sie so nicht. Das ist ein relativ neues Hotel, vier Jahre alt, glaube ich, das eigentlich die Auflagen der Gesetze des Landes Berlin erfüllen müsste. Die Zimmer selbst wären völlig okay, wenn man die Möbel anders angeordnet hätte, so dass man mit dem Rollstuhl durch kommt. So wie das auf der Website beschrieben ist, kann man Euch keinen Vorwurf machen. Mit den Beschreibungen wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass ich mich dort schlecht bewegen kann. Die werben regelrecht für ihre Zimmer und wie gut sie für Rollifahrer sind. Das liest sich NICHT wie ein Warnhinweis „Vorsicht, bei uns kommen Sie nicht durch“.
Ich glaube übrigens, dass die ganze Sache auch etwas Gutes hat: Diesen Beitrag haben in den vergangenen Tagen mehrere tausend Leute gelesen, die jetzt vielleicht ein wenig sensibilisierter sind, was Barrierefreiheit angeht, wenn sie selber eine Veranstaltung planen oder auch sonst im Alltag. Das sind weit mehr Leute als man mit einem Vortrag auf der Republica erreichen könnte. Insofern ist die Republica für mich eine sehr nachhaltige Veranstaltung. Ich finde, damit hat sich der Ärger gelohnt.
[…] UPDATE: Johnny Häußler hat sich meine Kritik gleich zu Herzen genommen. Inhaltlich geht es hier auch nochmal um die Journalisten/Blogger Problematik und wichtige Kritik kam aber auch von ganz anderer Seite. […]
Neben allem anderen: Ich finde es vor allem krass, wenn der einzig moegliche Ein/Ausgang dann wieder zugesperrt wird, wenn man im Gebaeude ist. Was waere denn dann im Brandfall? Das muss doch ganz klar gegen Vorschriften verstossen. Und abgesehen von den Entschuldigungen, hat das denn fuer die Betroffenen, die sich ueber das Briefing hinweggesetzt haben, irgendwelche Konsequenzen?
[…] Link ist Rollstuhlfahrerin, sie berichtet von ihren Erfahrungen bei der re:publica und drumherum. Erschreckend und traurig wie viel da bei Barrierefreiheit immernoch schief […]
[…] 09 zu ziehen ist schwieriger als gedacht. Neben einigen organisatorischen Mängeln (siehe z.B. diese Schilderung wodurch dann WLAN-Probleme usw. relativiert wurden) überwiegt doch die Freude einerseits […]
[…] Genderissimi: Die BlogschauDen Anfang macht Behindertenparkplatz.de. Bloggerin Christiane Link kritisiert – zu Recht – die mangelnde Barrierefreiheit auf der re:publica, die sowohl vom Organisationsteam […]
„Aber sollte es nicht selbstverständlich sein, dass eine Konferenz, die sich mit der Gesellschaft befasst, allen Menschen offen steht und auch verschiedene Gesellschaftsgruppen unter den Referenten widerspiegelt. Wenn dieser Anspruch aber schon bei den Geschlechtern (es waren weit weniger Frauen da als Männer) nicht klappt, wie soll das dann bei einem Thema wie Behinderung funktionieren?“
Es überrascht micht eine solche Aussage ausgerechnet von dir zu hören. Gleichberechtigung bedeutet nicht mit Gewalt dafür zu sorgen, dass ein vermeintlich ausgewogenes Verhältnis herrscht, sondern jedem die Teilnahme zu ermöglichen. Die heute so beliebten Quoten sind eine besonders perfide Art der Diskriminierung aufgrund bestimmter Eigenschaften (Geschlecht, Behinderung, …).
@Gerhard
Es gibt hier in England gar keine Quotenregelungen, aber es wird durchaus erfasst, wie viele Leute auf einer Veranstaltung schwarz, behindert, weiblich, etc. waren, vor allem wenn Steuergelder fließen. Das finde ich eine viel bessere Kontrolle als eine fiktive Quote. Und das wird nicht nur in behindertenspezifischen Bereichen so gemacht, sondern überall. Ich will eben überall hin und nicht nur zur Aktion Mensch.
Genauso funktioniert es auch bei Bewerbungen. Es wird erfasst wie viele Leute einer bestimmten Gruppe sich beworben haben und wenn sich dieses Verhältnis sehr von dem in der Belegschaft unterscheidet, wird geschaut, woher das kommt.
Ich war vor ca. 11 Jahren einmal mit meiner Tochter zu einem Rollstuhlübungslehrgang. Da mussten die Eltern, welche als Begleitung dabei waren, die ganze Zeit ebenfalls in Rollstühlen verbringen. Wir machten auch Ausflüge in die Stadt, ins Kaufhaus und so weiter. Damals war ich voll erschrocken, wie schlimm die Realität aus der Perspektive eines Rollstuhlfahrers ist. Zu dieser Zeit waren Handys noch nicht so üblich und wir übten das Telefonieren in einer Behindertentelefonzelle. Da merkte ich, wie wenig man sich bei der Konstruktion dieser Zellen Gedanken gemacht hatte. Mann konnte mit dem Rollstuhl zwar reinfahren und telefonieren, aber man konnte die Tür nicht hinter sich schließen, sprich keine Privatsphäre. Wenn man die Tür schließen wollte, musste man rückwärts reinfahren, konnte so aber nicht wählen.
Wir besuchten ein Kaufhaus und ich stellte fest, dass ich die meisten Kleidungsstücke gar nicht erreichen konnte. Man musste ständig jemanden um Hilfe bitten.
Dieser Rollikurs war sowohl für meine Tochter als auch für mich eine wichtige Erfahrung. Da meine Tochter bei längeren Strecken immer noch auf den Rolli angewiesen ist, machen wir genau wie Christiane die tollsten Erfahrungen auf dem Gebiet „behindertengerecht“. Wir wohnen z.B. in einer Kleinstadt, in der gar nichts behindertengerecht ist. Es gibt keine Abflachungen der Bürgersteige eine einzige Behindertentelefonzelle (würde ja eh nichts bringen), die Kino und das einzige Theater sind nicht behindertengerecht, man muss vorher immer alles anmelden. Nur eine einzige Schule hat hier einen Aufzug, ein Gymnasium. Da kann man sich vorstellen, wie die Integration hier aussieht.
Zur Zeit mache ich eine Fotoreportage über die behindertengerechte Ausstattung unserer Stadt. Ich erschrecke dabei immer aufs Neue.
In den Pfingstferien wollen wir nach London fliegen, da will ich dann Vergleichsfotos machen. Bin schon sehr gespannt.
Gruss Helga
„Tolle“ Geschichte und Ansporn den Gedanken der Barrierefreiheit nicht nur digital sondern auch analog weiterzutragen. Der Weg ist immer noch weit. Etwas kann ich die Stimmung des „Nichtmitmachenkönnens“ nachempfinden, weil mein Vorschlag, das Thema „Krieg im Netz“ zu diskutieren, zwar angenommen, dann aber offensichtlich wegen organisatorischer Wirrnisse nicht zustande gekommen ist. Das hätte ich aber ggf. verhindern können, wenn ich mich frühzeitig selbst gekümmert hätte, anstatt anzunehmen, dass die Organisatoren sich kümmern (als Agentur´ler dachte ich, davon ausgehen zu können, dass die Agentur das tut). Nachdenklich stimmt mich daran a) dass Du, aus welchen Gründen auch immer, im Unterschied zu anderen Referenten eine andere Behandlung bekommen hast (Hotelbuchung) und b) dass Du trotzt massiven Einsatzes das Problem nicht lösen konntest. Das ist bedauerlich.
Leider kann man nicht davon ausgehen, dass sich Organisatoren um die Probleme der Behinderten kümmern. Uns ist das schon sehr oft passiert. Deshalb versuchen wir, meine Tochter oder auch ich, im Vorfeld immer alles so gut wie möglich selbst abzuklären. Und selbst dann kommt es vor, dass man unsere Belange nicht berücksichtigt oder einfach wieder vergißt. Da haben wir schon die tollsten Sachen erlebt, von zugesagtem Lift im Hotel, der dann nicht vorhanden war, bis hin zum auf dem Rollfeld stehengebliebenem Rollstuhl.
Möglicherweise liegt es immer noch daran, dass viele Behinderte sich nicht so in die Öffentlichkeit trauen und deshalb die Öffentlichkeit nicht so informier ist, wie es sein sollte.
re:publica 2009 – Die Meinung der Anderen…
In den letzten Wochen habe ich noch einige Positionen zur re:publica gelesen, die ich hier kurz erwähnen möchte. Meine eigenen Betrachtungen, auf die ich mich hier auch beziehen werde, sind in den Beiträgen „re:publica 2009 Tag 1“ und „re:publ…
Das ist nun schon arg bedenklich, wenn es Dir, als jemand der gebeten wurde einen Vorttrag zu halten und zum Gelingen der gesamten Veranstaltung beiträgt, schon so ergeht. Wie hilfsbereit waren war man dann gegenüber behinderten Besuchern der Re:publica – besser nicht fragen….
[…] link is being shared on Twitter right now. @travellingstar, an influential author, said Barrierefreiheit […]
[…] Nachtrag // 06.04.09 Über die Konferenz ist ja (nicht nur von mir) viel ins Netz geschrieben worden. Ein etwas anderes Bild der re:publica ’09 zeichnet Christiane Link in ihrem Blog. […]