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Ja, ich lebe noch

Hat Euch schon mal jemand gebeten, einen Nachweis zu erbringen, dass Ihr noch lebt? Ich habe heute ein Schreiben bekommen, in dem mich die Allianz-Versicherung auffordert, einen solchen Nachweis zu erbringen. So schreiben die das natürlich nicht, sondern bitten um die Rücksendung eines Formulars, in dem eine offizielle Behörde oder die Hausbank bestätigt, dass man dort persönlich war. Hintergrund sind Leistungen, die ich bekomme, weil ich ja durch den Fehler eines Arztes querschnittgelähmt bin. Der Arzt ist bei der Allianz berufshaftpflichtversichert.

Die legitimierten Behörden befinden sich natürlich alle in Deutschland, wo ich erstmal nicht bin. Nun nehme ich an, dass mir die Deutsche Botschaft in London auch bestätigen würde, dass ich am Leben bin. Aber soweit ich weiß, ist die Deutsche Botschaft in London nicht barrierefrei. Die Allianz will also, dass ich einen Nachweis erbringe, den ich aber nur mit viel Umstand erbringen kann, weil die Ursache, für die sie selber zahlen, mich daran hindert, in die Behörde zu gehen. Das ist ein wenig zynisch und grotesk, aber meine Realität.

Und dann stellt sich die Frage, warum die Allianz auf die Idee kommt, dass ich tot sei. Ich bin 30! Aber vielleicht ist das ja auch versicherungsmathematisches Wunschdenken. Und wo kommen dann die Rollstuhl-Reparaturrechnungen her, die ich Ihnen regelmässig schicke?

Aber wenigstens weiß ich jetzt, wie der Slogan „Eine Allianz fürs Leben“ gemeint ist.

Ja, ich lebe noch

Das Leben birgt ja so allerlei Unwägbarkeiten in sich, es ist gefährlich und endet sogar mit dem Tod. Das weiß niemand besser als ein Versicherungskonzern.

Ich bin durch einen ärztlichen „Kunstfehler“ kurz nach der Geburt querschnittgelähmt. Dieser Umstand versetzt mich in die Lage, dass ich seit 29 Jahren (früher natürlich meine Eltern) regelmäßig in Kontakt mit dem Unternehmen stehe, bei dem einer der verantwortlichen Ärzte berufshaftpflichtversichert war.

Heute hatte ich einen Brief des besagten Unternehmens in der Post: Ich solle bitte nachweisen, dass ich noch lebe. So steht das da natürlich nicht. Sie bitten mich lediglich, ein Formular zum Beispiel von einer „siegelführenden Behörde“ ausfüllen zu lassen. Diese Behörde soll bestätigen, dass ich persönlich vorgesprochen habe. Das wäre noch ansatzweise nachvollziehbar, wenn ich eine Karteileiche wäre. Bin ich aber nicht. Ich stehe sowohl im telefonischen als auch schriftlichen Kontakt mit dem Unternehmen – seit Jahrzehnten.

Ich gebe ja zu, dass die magische Zahl 30 in meinem Leben immer näher rückt, aber rechnet da so ein Konzern wirklich schon mit dem „sozialverträglichen Frühableben“? Und ich bin sicher, dass keiner meiner Angehörigen dann weiter Rollstuhlreparaturrechnungen einreicht. So lange mein Rollstuhl regelmäßig repariert wird, lebe ich. So lange ich da anrufe, lebe ich auch. Ich weiß nicht, wie gut die Telefonverbindung aus dem Jenseits ist.

Ich vermute, dass diese Briefe an alle „Altfälle“ (wie mich eine Dame dort mal am Telefon bezeichnete) vor dem 30. Geburtstag geschickt werden und dann alle 10 Jahre wieder. Von wegen Unwägbarkeiten und so.