Tag Archiv für Silverlink

Dafür sind wir nicht zuständig

Ja, ich weiß, einige haben die Geschichten von Silverlink schon vermisst. Heute war ich mal wieder in Willesden Junction, aber um die U-Bahn zu nutzen. Die Silverlink-Züge und die U-Bahn fahren vom gleichen Gleis. Der einzige Unterschied ist, dass man bei den Silverlink-Zügen eine Stufe nach oben überwinden muss und bei der U-Bahn eine riesen Stufe (ich schätze über 30cm) nach unten steigen muss. Nun weiß ich ja, dass es in Willesden Junction eine Rampe gibt. Ich hatte diese Rampe auch schon mal für die U-Bahn genutzt. Das war kein Problem. Die U-Bahnmitarbeiter haben sie in den Zug gelegt und alles war okay.

Also bin ich heute wieder zu den U-Bahnmitarbeitern. Die saßen in ihrem Aufenthaltsraum. Vier an der Zahl. Und hatten nichts zu tun. Ich bat sie, mir die Rampe an die U-Bahn zu legen. Die schauten sie mich ungläubig an. Die Rampe gehöre Silverlink und die Station sei offziell nicht mit Personal ausgestattet. Sie seien nur dafür da, die Züge in Empfang zu nehmen, wenn die in Willesden enden. Natürlich überzeugte mich diese Argumentationskette nicht wirklich. Da waren in einem Raum vier Mitarbeiter und eine Rampe und keiner wollte sie anlegen. Das nächste Argument war: Die Station gehöre Silverlink und die seien auch für die Rampe verantwortlich.

Der Mitarbeiter sagte, er wisse, dass sich das alles merkwürdig anhören muss, aber er dürfe die Rampe nicht nutzen. Nur Silverlink dürfe die Rampe nutzen, weil denen die Station gehöre, aber die seien nicht für die U-Bahn verantwortlich. Es sei also fraglich, ob sie das für die U-Bahn machen würden. Ich habe ihm dann gesagt, dass das ja Regelungen seien, von denen ich ausgegangen sei, dass sich nur deutsche Beamte ausdenken können. Aber bei Transport for London sei man ja offensichtlich auch sehr kreativ und ab September gehöre doch Silverlink sowieso zu Transport for London.

Mit Deutschen wollte er natürlich nicht verglichen werden. Er rief Silverlink an. Und tatsächlich der Mitarbeiter von Silverlink erschien. Sagte noch, dass die Rampe nicht für die U-Bahn gedacht sei und legte dann die Rampe an den U-Bahnzug an. Ich werde mich jetzt mal vertrauensvoll an Transport for London wenden und fragen, wieso Rampen, wenn sie eh schon vorhanden sind, nicht genutzt werden dürfen.

Warum ich nichts mehr über Silverlink schreibe

Wie Ihr bereits bemerkt habt, schreibe ich nichts mehr über Silverlink. Nicht, dass sich der Service enorm verbessert hätte, ich fahre nicht mehr mit dem Zug zur Arbeit. Ich habe einen neuen Weg gefunden. Ich fahre mit dem Bus zum Fernsehzentrum der BBC, nehme von dort den barrierefreien (!) Mitarbeiterbus in die Innenstadt. Der hält nur leider nicht am Bush House. Stattdessen nehme ich einen dritten Bus und fahre dorthin. Da es nicht mehr so kalt ist und die Sonne wirklich oft scheint, ist der Weg zwischen den Bushaltestellen erträglich. So rolle ich jeden Morgen ein wenig spazieren, bin aber dennoch schneller da. Hinzu kommt auch noch, dass sich meine Arbeitszeit auf 12 Uhr nach hinten verschoben hat. Ich kann jetzt jeden Tag ausschlafen und kann abends trotzdem noch was unternehmen, weil ich nur bis 20 Uhr arbeite. Aber ab Mitte April hat auch das ein Ende. Da arbeite ich wieder zu weniger studentischen Zeiten, brauche aber auch nur noch 10 Minuten bis zu Arbeit.

Post von Silverlink

Ich weiß noch nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Silverlink hat endlich – nach mehr als vier Wochen – meinen Brief beantwortet. Mit einem Standardschreiben für Beschwerden über das Personal! Meine Lieblingsstelle ist diese: „I trust that this was an isolated incident, and hope that all your future dealings with any Silverlink Team are far more pleasant.“

Ich habe ihnen natürlich geschrieben, dass das ein andauerndes Problem seit Wochen ist. Dafür hatten sie aber wohl keinen Textbaustein. Sie schreiben mir, die Station Manager in Willesden Junction würden sich dem Problem annehmen. Das sind aber genau die Personen, über die ich mich beschwert habe. Ich habe heute wieder den Zug verpasst, weil keiner da war. So viel zum Thema „isolated incident“. Ich habe den Fahrer heute morgen gebeten, die Zentrale anzufunken oder die Rampe zu holen. Der hat einfach „No, I can’t“ gesagt und hat die Tür zugemacht.

Nun gehe ich einen Schritt weiter. Ich werde mich an die aufsichtsführende Behörde / Organisation wenden. Welche das ist, muss ich noch recherchieren. Das Problem dabei ist, dass Silverlink die Strecke nur noch bis Herbst betreiben wird. Einerseits natürlich ganz gut, denn dann sind die endlich weg. Es kann aber sein, dass sich niemand mehr für Silverlink interessiert, weil sie sowieso bald Geschichte sind. Aber vielleicht schaffe ich es ja zu verhindern, dass die unmöglichen Mitarbeiter übernommen werden.

Silverlinks Tagebuch

Natürlich hat heute bei Silverlink alles geklappt. Das war einfach ne Nummer zu heftig gestern. Heute morgen fragte mich die Stationmanagerin, die Dienst hatte, ob ich wisse, was gestern abend passiert sei. Sie hätte da einen Vermerk im „Station’s Diary“ gelesen. Da würden besondere Zwischenfälle eingetragen. Und von ihrem Kollegen sei ein Bericht angefordert worden wegen einer Rollstuhlfahrerin. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und erzählte ihr, dass ich den Zug gestoppt habe, weil ihr Kollege mal wieder nicht da war. Sie war sichtlich überrascht und fragte mich, wie ich geschafft hätte, die Türen beim Schließen zu stoppen. Ich habe ihr gesagt, dass sie sich gar nicht vorstellen kann, welche Kräfte ich habe, wenn ich sauer bin.

Während der Stationsmanager gestern gegenüber dem U-Bahnmitarbeiter behauptet hat, Euston hätte ihm nicht gesagt, dass ich komme, hörte sich die Geschichte heute morgen ganz anders an. Die Stationsmanagerin erzählte mir, ein Zug auf dem Gleis oben nach Richmond sei verspätet gewesen (ich tippe mal auf einen anderen Rollstuhlfahrer, der vergessen wurde ;-) ). Darüber habe er vergessen, mich aus dem Zug zu holen. Sie völlig von den Socken: „The train was really delayed. And also the tube trains in West London.“ Klar, Willesden Junction ist der Hauptknotenpunkt für Bahn und U-Bahn im Westen. Und ich glaube, der Manager hat ziemlich Ärger gekriegt. Aber ich kenne dieses Unternehmen unterdessen gut genug um zu wissen, dass das nicht heißt, dass sich etwas ändert. Ich habe deshalb heute einen Antrag auf „Access to work“ gestellt. Das ist das Taxicardprogramm für behinderte Arbeitnehmer. Und wie es aussieht, fahre ich demnächst nicht mehr mit Silverlink, jedenfalls nicht so oft.

Mit Gewalt zum Ziel

Als ich heute morgen im Zug nach Euston saß, dachte ich noch, ich müsse mal darüber bloggen, wie gut das derzeit mit Silverlink klappt. Zwar hat noch niemand wirklich auf mein Beschwerdeschreiben reagiert, außer dass mir Silverlink immerhin nach zwei Wochen den Eingang desselben bestätigt hat. Aber ich hatte in den vergangenen Tagen keine Probleme und es war auch immer jemand da. Aber bekanntlich soll man denn Tag nicht vor dem Abend loben. Ich wollte ja noch zurück heute abend.

In den vergangenen Tagen schien morgens immer die Sonne und abends war ich oft irgendwo anders und bin nicht über Willesden Junction nach Hause gefahren. Wenn die Sonne scheint ist das Rampe aufs Gleis bringen auch nicht so unangenehm als wenn es regnet. Und heute abend regnete es. Und wie! Ich hatte schon eine leise Vorahnung, dass in Willesden niemand sein wird. Trotz Voranmeldung. Ich hab das langsam im Gefühl. Und prompt als der Zug einfuhr, war weit und breit niemand da. Es war für mich unmöglich mit dem gebrochenen Rad aus dem Zug zu springen und auch Tragen war mir zu riskant. Es war durch den Regen spiegelglatt und ich hatte Angst um das Rad, wenn die mich nicht wirklich sanft absetzen. Und zudem war ich richtig sauer. Diese Wut nutzte ich, um zu verhindern, dass der Fahrer die Türen schloss. Das versuchte er mehrmals. Aber ich hielt gemeinsam mit einer Frau die Türen offen. Ich wollte ja raus und nicht weiter nach Watford fahren. Ich schaffte es, Leute zu überreden zum Fahrer zu gehen und zu sagen, dass er jemanden mit Rampe herbeitelefonieren soll. Die Briten sind wirklich ein hilfsbereites Volk. Währenddessen hielt ich die Tür gewaltsam offen. Es war ein großartiges Schauspiel.

Eine Silverlinkmitarbeiterin war unter den Fahrgästen und sie versuchte panisch mit ihrem Handy jemanden in der Station zu erreichen. Es ging auch jemand ans Telefon. Der fühlte sich aber nicht zuständig. Natürlich! Mir fielen die schönsten britischen Schimpfwörter ein, die ich aber für mich behielt. Eine Frau sagte mir, dass sich zudem die Mitarbeiter, die eben noch auf dem Gleis standen, verdrückt hätten. Ich hatte plötzlich Unmengen an Kraft diesen Zug anzuhalten. Ich war einfach stinksauer.

Irgendwann kam der Fahrer herbeigeeilt. Er konnte ja nicht fahren mit den von uns blockierten Türen. Dann versuchte er auch per Handy jemanden zu erreichen. Und dann kam endlich der Stationsmanager, der bislang immer Dienst hatte, wenn irgendwas schief ging. Zufall? Wohl kaum. Er war ganz überrascht, dass ich es geschafft hatte, den Zug zu stoppen. Der hat immernoch nicht begriffen, dass ich das Spiel in jedem Fall gewinne. Der Fahrer diskutierte mit ihm rum. Ich war längst draußen. Als ich am Fahrstuhl wartete, hörte ich wie ein Mitarbeiter der U-Bahn empört angerannt kam. Auf dem gleichen Gleis fahren nämlich die Züge der U-Bahn ein – jedenfalls dann, wenn da kein Zug von Silverlink dauerparkt. Durch die nicht vorhandene Rampe waren also nicht nur die Züge von Silverlink verspätet, sondern auch die der Bakerloo Line. Das roch nach Ärger, der weit über Silverlink hinausgehen könnte. Und ich war darüber nicht wirklich unglücklich. Ich konnte sie noch schimpfen und diskutieren hören als ich oben ankam. Und ich bin mir sicher: Morgen steht da jemand mit Rampe – morgens und abends.

Silverlink und Hanna Reitsch

Als ich heute morgen zum Bahnsteig kam, wartete schon ein Mitarbeiter mit Rampe auf mich. Ich kannte ihn nicht. Er stellte mir, als wir auf den Zug warteten, 1000 Fragen. Wo ich wohne, warum ich immer nach Euston fahre etc. und wo ich herkäme. Ich habe ihm das alles freundlich beantwortet. Als ich ihm sagte, dass ich aus Deutschland komme, war er voll in seinem Element. Ob ich Hanna Reitsch kenne, fragte er. Ich musste schon sehr in meinem Gedächtnis graben, aber der Name sagte mir etwas und ich brachte ihn mit dem Dritten Reich in Verbindung.

She was a friend of Hitler“ strahlte mich der Mitarbeiter an. Er habe nach dem Zweiten Weltkrieg in Ghana bei ihr Flugstunden gehabt. Wikipedia hat mir dann später auf die Sprünge geholfen. Hanna Reitsch war Testpilotin im Dritten Reich. Sie ist nach dem Krieg nach Ghana gegangen und hat dort wohl den heutigen Silverlink-Mitarbeiter kennengelernt. Seine Augen strahlten als er über sie sprach. Und dann passierte etwas, das durchaus Filmqualitäten hatte. Hanna Reitsch hätte ihm auch ein deutsches Lied beigebracht, erzählte er mir stolz. Und er begann zu singen: „Schwarzbraun ist die Haselnuß, Schwarzbraun bin auch ich. Schwarzbraun muss mein Madel sein…“ Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er keine Ahnung hatte, was er da sang. Dass der Mitarbeiter schwarz ist, muss ich wohl nicht erwähnen…

Rampe und strahlende Mitarbeiter

Als ich am Freitag in Willesden Junction ankam, hatte ich mir eine neue Strategie überlegt: Ich gehe an den Mitarbeitern vorbei, sage „Schicken Sie bitte jemanden mit der Rampe“ und verschwinde. So dachte ich, können Sie nicht mit mir diskutieren und ich erhöhe den Druck. Diese Strategie wäre aber gar nicht nötig gewesen, denn als ich unten ankam stand dort schon die Stationsmanagerin mit der Rampe und strahlte mich an. Ich sagte ihr, dass ich sehr froh sei, dass das heute mal geklappt hat und dann habe ich sie über den grünen Klee gelobt. Ich dachte nämlich, sie habe von sich aus eingesehen, dass das so nicht geht. Ich fand das ganz großartig, wünschte ihr ein schönes Wochenende und fuhr problemlos nach Euston.

In Euston verlief wie immer alles wunderbar. Als ich an der Ticketkontrolle ankam, grinste mich einer der Mitarbeiter, der mir auch schon oft geholfen hat und dem ich mein Leid mit Willesden Junction geklagt hatte, strahlend an. „Na, hat heute alles geklappt?“, fragte er mich als könne er hellsehen. „Ja, alles wunderbar“, antwortete ich. „Wir hatten gestern abend ein Gespräch mit Willesden Junction,“ verkündete er mir verheißungsvoll. Der Stationsmanager von Euston habe seine Kollegen angerufen, nachdem nicht nur ich, sondern auch ein blinder Mann mit Führhund regelmäßig völlig entnervt in Euston ankam, weil sie ihm in Willesden Junction nicht behilflich sein wollten und auch er den Zug mehrmals verpasste. Das Theater wollte sich der Stationsmanager nicht mehr länger ansehen und hat seine Kollegen zurecht gewiesen. Ich habe den Mitarbeiter dann noch gefragt, ob ich dennoch den Beschwerdebrief absenden soll. Er meinte: „Unbedingt.“ Wenn „Transport for London“ Silverlink Ende des Jahres übernimmt, soll doch klar sein, welche Mitarbeiter übernommen werden sollen und welche nicht, meinte er scherzend. Ich bin gespannt, ob ich nach dem Donnerwetter aus Euston und meinem Brief künftig problemlos fahren kann.

Kein Zug und auch kein Mitarbeiter

Als ich heute morgen auf dem Weg nach Willesden Junction war, hatte ich den Beschwerdebrief fertig in meiner Tasche, um ihn einzuwerfen. Ich war gut gelaunt und dachte mir, wenn es heute klappt, werde ich nochmal Gnade vor Recht ergehen lassen. Als ich ankam begrüßten mich die Mitarbeiter freundlich und ich dachte, das wird jetzt klappen. Warum sie so freundlich lächelten, verstand ich erst als ich unten auf dem Gleis stand: Alle Züge nach Euston waren gecancelt, stand da. Von einem Mitarbeiter war weit und breit nichts zu sehen. Durch die Lautsprecher kam die Ansage, dass es in einer Stunde einen Busersatzverkehr gebe. Da ich nicht wusste, ob der barrierefrei sein wird und mir das auch zu lange dauerte, überlegte ich, wie ich anders zur Arbeit fahren konnte. Hätte ich das gewusst, wäre ich gleich mit dem Bus gefahren. Taxi konnte ich vergessen, weil auf diese Idee schon meine Mitreisenden erfolglos gekommen waren. Kein Taxi war mehr verfügbar.

Ich hatte irgendwo gelesen, dass ich in Baker Street in die U-Bahn nach Westminster umsteigen kann und ging zu einer U-Bahnmitarbeiterin und fragte sie, ob das stimme. Sie sagte, ihr Mann arbeite in der Station Baker Street. Sie werde ihn anrufen, er könne mir auch helfen. Man muss auch mal Glück haben, dachte ich! Sie war super nett und wollte mir in die U-Bahn helfen. In dem Moment fuhr wie aus heiterem Himmel ein Silverlink-Zug ein. Ich bin zu den aussteigenden Passagieren und fragte sie, wo sie herkämen. Sie kamen aus Euston. Ich bin vor zu dem Fahrer und sagte, ich wolle nach Euston, ob er da in absehbarer Zeit hinfahre. Ja, das tat er. An den Anzeigetafeln stand nach wie vor „Euston – all trains are cancelled„.

Die U-Bahnmitarbeiterin rief bei Silverlink an, denn natürlich war wieder kein Mitarbeiter da, um mir in den Zug zu helfen. Als das nichts half, funkte der Zugführer seine Zentrale an, damit die Willesden Junction anweisen, mit der Rampe zu kommen. Der Zug stand bereits 10 Minuten sinnlos rum, war aber sowieso fast leer, weil ja alle dachten, der Zugverkehr sei eingestellt. Alle warteten nur auf die Rampe. Irgendwann kam dann der Station Manager, den ich prompt fragte, ob er sich noch an sein Versprechen von gestern erinnern könne. Ja, er hätte so viel zu tun gehabt. Ich sagte ihm, dass ich auf dieser „Viel zu tun Liste“ aber relativ weit oben stehen müsse. Keine Reaktion, keine Antwort. Damit war für mich klar, dass ich den Brief abschicke. Der Typ versteht einfach die Regeln seines Arbeitgebers nicht und das muss man denen mal sagen. Ich habe ihm dann noch gesagt, dass er nicht glauben braucht, dass er schafft mich zu vergraulen. Ich werde weiter ab Willesden Junction fahren. Ich bin gespannt, was morgen passiert.

Schnee und Zug verpasst

Der heutige Tag fing schon denkbar schlecht an: Ich schaute aus dem Fenster und es lag Schnee. Schnee ist für Rollstuhlfahrer teilweise genauso hinderlich wie 10 Stufen vor dem Eingang. Und es wird in London bei weitem nicht mit der Gründlichkeit geräumt wie bei uns. Seit 2003 lag hier nicht mehr so viel Schnee, konnte ich dann später in TheLondonPaper, einer der vielen Gratiszeitungen lesen. Schön, dass der Winter auf mich gewartet hat. Ich war also nicht so richtig gut drauf als ich heute morgen in Willesden Junction ankam.

Und dann begann die Diskussion, die ich jeden Morgen führe wieder von vorne: Wer holt die Rampe? Diesmal streikten alle Anwesenden. Ja, sie waren nicht einmal bereit, den Station Manager anzurufen, wie ich es dann verlangte. Das Ende vom Lied: Ich habe den Zug verpasst, obwohl ich überpünktlich da war. Als der Station Manager dann endlich kam, war ich wirklich stinksauer, hab ihm die Disability Policy von Silverlink runtergebetet und ihm gesagt, dass ich mich beschweren werde, weil er und seine Mitarbeiter gegen diese Policy verstossen. Ooooh, da war aber Reue angesagt. Er hat sich tausend Mal entschuldigt, hat mich dann zum nächsten Zug gebracht und versprach mir, dass das nicht mehr vorkommt. Außerdem versprach er mir, in Euston bescheid zu sagen, dass ich einen Zug später genommen habe.

Eigentlich hatte ich schon davon Abstand genommen, mich zu beschweren. Doch als ich in Euston ankam, war niemand da. Ich bin fast geplatzt vor Wut. Der Lokführer hat dann jemanden mit Rampe besorgt. Und der Mitarbeiter, den ich schon kenne und der sonst immer zuverlässig ist, erzählte mir, der Station Manager von Willesden Junction hätte ihm am Telefon gesagt, ich sitze im vorherigen Zug. Ich sagte ihm, dass ich den auch gerne genommen hätte, aber dass sich niemand durchringen konnte, die Rampe zu holen. Er meinte ganz trocken, dass ihn das nicht wundere. „They are lazy in Willesden.“ Er riet mir dringend zu einer Beschwerde. Ich sei nicht die Einzige mit dem Problem bei dieser Station. Wie tröstlich!

Erfahrungen nach einer Woche Zug fahren

Ich betrachte viele meiner alltäglichen Erfahrungen hier ein wenig als Experiment an. Eines meiner Experimente heißt Silverlink Metro und ist die Regionalbahn, mit der ich jeden Tag zur Arbeit fahre und abends wieder zurück. Ich habe mich bei der Zuggesellschaft für die vergangenen und kommenden Tage für den Zug um 9:52 Uhr angemeldet. Ich MUSS das nicht machen, aber dann „complaint“ es sich besser, wenn etwas schief geht.

Jeden Morgen, wenn ich in Willesden Junction ankomme, schauen mich die Mitarbeiter mit großen Augen an. Ich teile ihnen dann mit, dass ich mich angemeldet habe und wie jeden Morgen um 9:52 Uhr mit dem Zug fahren möchte. Heute morgen zum Beispiel veranlasste das noch keinen Mitarbeiter zur Aktivität. Einer schickte mich zu seinem Kollegen. Und der Kollege wieder zum Kollegen. Als ich fragte, warum ich mich anmelde, wenn dann doch wieder keiner zuständig ist, meinte einer: „An dieser Station macht es keinen Unterschied, ob sie angemeldet sind oder nicht.“ Ahja.

Bis es 9:51 Uhr war bewegte sich keiner und dann versuchte ich es auf die deutsche Art. Ich teilte ihnen mit klarer Ansage, aber freundlich mit, ich ginge jetzt auf den Bahnsteig und nehme an, dass jemand mit der Rampe kommt. Der Zug fuhr ein. Ich bin zum Lokführer und habe ihm gesagt, er soll warten. Da käme gleich jemand mit der Rampe. Ich habe selber nicht wirklich dran geglaubt, aber der Lokführer wartete. Und tatsächlich – nach ein paar Minuten kam ein Mitarbeiter samt Rampe. Vielleicht hatten sie nicht damit gerechnet, dass ich wage, den Zug warten zu lassen und dass der Lokführer auch noch mitmacht.

In Euston klappt das alles um Welten besser. Da ist immer sofort jemand und wenn ich abends (unangemeldet) nach Hause fahre, ist das auch kein Problem. Nur beim Aussteigen habe ich immer Bammel, dass die Mitarbeiter in Willesden Junction mit dem Auswürfeln, wer nun die Rampe anlegt, noch nicht fertig sind. Deshalb steige ich jetzt immer im ersten Wagen ein. Da kann ich wenigstens Kontakt zum Lokführer halten. Es ist immer ein kleines Abenteuer, aber ich glaube, nach ein paar Wochen merken sie, dass ich mich nicht abschrecken lasse.