Tag Archiv für Netzwerk-Recherche

Ende der Jahrestagung

Die Jahrestagung des Netzwerk Recherche (nr) ist zu Ende. Ich konnte nicht mehr mitbloggen, denn es gab weder Steckdosen noch WLAN und nach 2 1/2 Stunden war der Akku meines Notebooks leer. Ich habe noch eine Diskussion über die Rolle der Nachrichtenagenturen gehört. Weitere Diskussionsrunden drehten sich um Kartellrecht und Medienjournalismus. Ein großes Thema war der aktuelle BND-Skandal. Ein Teil der Protagonisten war anwesend. Leider wiederholte sich vieles, was schon am Vorabend gesagt wurde. Trotzdem war das mit die interessanteste Runde.

Was habe ich auf der Jahrestagung gelernt? Quellenschutz ist wichtig, Quellenschutz ist wichtig, das Mediengewerbe treibt manchmal komische Blüten und Quellenschutz ist wichtig. Also nichts, was ich nicht auch schon vorher gewusst hätte. Bedauerlich finde ich, dass das nr die Blogs entweder ignoriert oder verteufelt statt sich mal damit auseinander zu setzen, was Blogs für die Recherche bedeuten. Außer Bildblog gilt keines als hoffähig und dennoch hatte ich den Eindruck, dass viele das Projekt und die Macher ein wenig belächelten. Schade.

Diskussion um Lobbyismus

Viel interessanter als die Diskussion um den Medienkodex verläuft die Diskussion um Lobbyismus. Es moderiert Leo Busch von n-tv. Auf dem Podium sitzen Jürgen Hogrefe von EnBW, Ulrich Müller von Lobbycontrol, Thomas Leif vom Netzwerk Recherche und Hermann Hofmann von Pro Generika e.V.

Hogrefe spricht davon, dass Lobbyisten die Arbeit von Beamten in den Experten in den Ministerien unterstützen – dem Gemeinwohl zu liebe. Ja, das Wort Gemeinwohl fiel wirklich. Der Fall Röttgen ist Thema und natürlich die Gesundheitspolitik. Leif fürchtet eine Gefahr für die Demokratie. Dies sei auch nicht im Interesse der Industrie. Sorry, war so spannend, da habe ich lieber zugehört als gebloggt.

Was mir auffällt ist, dass Themen wie Blogs, Wikis, etc. mit Ausnahme der lobenden Erwähnungen des Bildblogs wenig erwähnt werden. Manchmal fällt im Halbsatz ein Spitze dagegen, ständig mit dem klassischen Vorwurf Blogger recherchierten nicht. Ich muss sagen, manche Journalisten offensichtlich auch nicht, wenn sie solche Pauschalurteile fällen.

Diskussion um Medienkodex

Das Netzwerk Recherche (nr) hat vor einigen Monaten einen Medienkodex veröffentlicht. Insbesondere das „Gebot“ „Journalisten machen keine PR“ hat zu umfangreichen und zum Teil scharfen Diskussionen geführt. Bei der Jahrestagung des Netzwerks Recherche sitzen jetzt einige der Diskutanden zusammen: Lutz Tillmanns von Deutschen Presserat, Eva Kohlrusch von Journalistinnenbund, Sebastian Esser von der Zeitschrift V.i.S.d.P. und Professor Rainer Burchardt vom Netzwerk Recherche. Es moderiert Peter Grabowski, ebenfalls Netzwerk Recherche. Ich werde diesen Beitrag im Laufe der Diskussion aktualisieren.

Rainer Burchardt hat zu Beginn erläutert, die Formulierung „Journalisten machen keine PR“ sollte unmissverständlich sein.
„Es sind nicht nur jüngere Kollegen, die uns nach Leitlinien fragen, es sind auch ältere.“ Burchardt kündigt an, er werde diesen Kodex verteidigen. „Der Kodex war überfällig“. Er meint, das Berufsbild der Journalisten sei ziemlich verhunzt. Der Kodex des nr sei nicht auf dem „Olymp irgendwelcher Hohenpriester unseres Gewerbes“ entstanden. Er findet die Sanktionsmöglichkeiten des Deutschen Presserats zu schwach.

Sebastian Esser sagt, natürlich müsse es eine journalistische Ethik geben. Natürlich sei es zu begrüßen, dass es eine ethische Diskussion gibt. „Du sollst nicht Töten“ sei viel einfacher zu befolgen als „Journalisten machen keine PR“.

Stellungnahme Eva Kohlrusch habe ich verpasst, weil ich gerade mit der Technik kämpfte.

Lutz Tillmanns meint, der Kodex des nr sei therorielastig. Der Pressekodex des Presserats sei praxisorientiert, habe sich aus der Beschwerdearbeit herausgebildet. Er verstehe sich als Regeln für guten Journalismus.

Sebastian Esser meint, obwohl in seinem Verlag Zeitungen für PR-Leute und Lobbyisten erscheint, arbeite er unabhängig. Grabowski wird sarkastisch und verlässt ein bisschen die Moderatorenfunktion, finde ich. Vielleicht wäre es besser gewesen, einen neutraleren Moderator auf dieses Podium zu setzen.

Eva Kohlrusch kritisiert die Aussage von einer anderen Diskussion „Ein Journalist, der PR macht, ist anschließend nicht mehr brauchbar“. Sie kritisiert das Vokabular. Sie verstehe den Satz „Journalisten machen keine PR“ nicht.

Rainer Burchardt meint: „Zugeben, der Begriff PR ist unscharf. Ich mache keinen großen Unterschied zwischen Werbung und PR.“ Er zitiert Friedrichs, dass Journalisten sich nicht einer Sache gemein machen sollte. Er spricht vom Einspannen als „PR-Vehikel“. Man sei sich darüber im klaren, dass gegen sämtliche Artikel des nr-Kodex ständig verstoßen wird.

Eva Kohlrusch erzählt, dass sie früher PR gemacht hat und fragt ob sie jetzt „verbraucht“ sei. Burchardt spricht von Grauzonen. Esser spricht von jungen Journalisten, die auch für das ADAC-Magazin schreiben oder andere Kundenzeitschriften. Er sehe nicht, wieso jemand nicht auch mal im Bahn-Magazin schreiben darf, wenn die anderen Einnahmen sonst nicht reichen.

Burchardt meint, er könne das nachvollziehen. Kernproblem sei, das Berufsbild werde verwischt. Dem müsse man entgegen halten, man müsse das Berufsbild wahren. Die Verleger müssten ihren Teil dazu beitragen, dass Journalisten nicht auch noch als „PR-Lümmel“ arbeiten müssten. Esser meint, der Kodex richte sich nicht an die Verleger, sondern an die Schwächsten der Kette. „Warum richtet sich der Medienkodex an das Schwächste Glied der Kette?“

Lutz Tillmanns meint auch, der Kodex greife zu kurz, wenn er sich nur an Journalisten richtet. Man habe mehr davon, wenn Verleger wie beim Presserat Verpflichtungen abgeben. Er hätte auch etwas dagegen, dass jetzt ständig neue Kodexe (was ist die Mehrzahl von Kodex?) entwickelt würden.

Burchardt meint, das sei nicht verboten, einen Kodex zu entwickeln. Man könne sich mit den verschiedenen Organisationen an einen Tisch setzen. Tillmanns erklärt, er sei das erste Mal nach drei Jahren zur Diskussion zum nr-Kodex eingeladen worden.

Jemand aus dem Publikum fragt, warum die neue Techniken eine Gefahr darfstellen.
Rainer Burchardt kritisiert Blogs. Was da an Schrott verbreitet werde, einschließlich Wikipedia, sei unglaublich. Man habe es mit knallharter Ökonomisierung der Ware Information zu tun. (Was das mit Blogs und Wikipedia zu tun hat, verstehe ich gerade nicht.) Die Diskussion dreht sich ein bißchen im Kreis.

Esser wirft dem nr PR vor. Der Medienkodex sei reine PR für das Netzwerk. Burchardt stimmt dem zu. Natürlich sei der Kodex eine Sache, die das nr stärker in die Diskussion gebracht hat.

Kohlrusch fragt, wo fängt PR wirklich an. Sie verstehe den Satz „Journalisten machen keine PR“ nicht. (Es wiederholt sich vieles gerade).

Grabowski bricht die Diskussion aus Zeitgründen ab und fordert dazu auf, sich weiter an der Diskussion um den nr-Kodex zu beteiligen.

Jahrestagung Netzwerk Recheche

Saal mit Publikum

Mathias Döpfner redet über Persönlichkeitsrechte.