Nur, damit das klar ist: Das ist nicht meine Schuld. Das Statistische Bundesamt weiß noch gar nicht, dass ich ausgewandert bin. Wie meinte meine deutsche Kollegin heute zu mir: „Wir sind die Dunkelziffer.“ Das wollte ich schon immer mal sein.
Archiv für 31.5.2007
Gelassenheit
Was man in England wirklich lernt ist Gelassenheit. Wenn man das nicht lernt, hat man ein Problem. Die Dinge laufen hier nicht so wie in Deutschland. Ich erlebe gerade ein schönes Beispiel dafür.
Anfang Mai fand ich zwei Stromrechnungen in meinem Briefkasten. Eine, die zu meiner Wohnung gehörte. Und eine, die zwar an mich andressiert war, aber definitiv nichts mit mir zu tun hatte. Zuvor hatte ich eine Ablesekarte im Briefkasten mit der Mitteilung, man habe mich bei dem – natürlich vorher NICHT angekündigten – Ablesetermin nicht angetroffen. So schnell konnte ich gar nicht ablesen wie die Rechnungen da waren.
Nach einem ausgedehnten Telefonat mit der Hotline, bestätigte sich meine Vermutung: Die eine Rechnung gehörte zu meiner Wohnung. Die zweite Rechnung nicht. Außerdem war mein Einzugstermin nicht berücksichtigt. Ich sollte noch einmal anrufen, wenn ich die Ablesezahlen habe. Das habe ich auch gemacht. Aber mein Zähler wollte mir nur den Tagstrom sagen, nicht den Nachstrom. Nix zu machen. Ich habe also die Hotline angerufen und mein Problem geschildert. Sie würden jemanden vorbeischicken, der den Zähler kontrolliert. Bis dahin müsse ich die Rechnung nicht zahlen. Sie würden mir nach dem Besuch des Technikers umgehend eine korrigierte Rechnung schicken. Zwecks Terminvereinbarung würde jemand anrufen. Nichts passierte.
Bis heute. Heute finde ich eine neuen Brief im Briefkasten. Die Mahnung für Rechnung Nummer 1. Das gute ist: Ich bin nicht einmal überrascht. Also rufe ich morgen wieder an. Frage, was das mit der Mahnung soll und wo der Techniker bleibt. Die Engelsgeduld der Engländer kommt durch jahrzehntelanges Training in Angelegenheiten wie dieser. Ich bin aber auch ganz gelassen. Rufe da morgen an und rechne fest mit Mahnung Nummer 2. Oder sogar mit einer Mahnung für die Rechnung, die gar nicht für mich bestimmt war.
Gehörloser Sozialarbeiter tötet seinen behinderten Sohn
Heute mittag habe ich einen traurigen Artikel in der Times entdeckt: Ein gehörloser Sozialarbeiter mit deutschem Pass hat in Großbritannien seinen behinderten Sohn umgebracht. Das Kind war mehrfach behindert und hatte eine starke Form der Epilepsie, das so genannte West-Syndom. Der Mann war mit der Behinderung seines Sohnes wohl total überfordert. Nachdem er seinen Sohn umgebracht hatte, versuchte der Mann, sich selbst das Leben zu nehmen. Ihm droht jetzt eine lange Gefängnisstrafe, hat der Richter angekündigt. In Deutschland sind in den vergangenen Jahren bei ähnlichen Fällen sehr milde Urteile gesprochen wurden. Ich bin gespannt, welche Strafe der Mann bekommt, obwohl seine Schuldfähigkeit wohl eingeschränkt war, da er zum Zeitpunkt der Tat depressiv war.