Archiv für 11.5.2006

Auf zu den nächsten 10 Jahren

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Ich glaube, ich brauche Urlaub

A.: Ich habe heute nachmittag eine Kugel Eis gegessen.
Ich: Was? Haben die jetzt schon Eis?
A.: Nicht Google, eine Kugel.

Klarer Fall von Verhörer2.0.

Geld nur gegen Barrierefreiheit

Während Deutschland noch darüber diskutiert, ob wir wirklich alle dafür sind, dass unter anderem auch behinderte Menschen nicht diskriminiert werden und vom neuen Gleichbehandlungsgesetz profitieren, haben die EU-Wirtschafts- und Finanzminister Nägel mit Köpfen gemacht: EU-Fördermittel sollen künftig von der Barrierefreiheit des Vorhabens abhängig sein. Diese Nachricht war für mich heute wie die Verabschiedung des Behindertengleichstellungsgesetzes und des Antidiskriminierungsgesetzes sowie Weihnachten und Geburtstag an einem Tag. Ich werde jetzt freudestrahlend an jeder Baustelle vorbeigehen und mich über jedes Pappschild freuen auf dem steht „Gefördert mit Mitteln der Europäischen Union“. Einfach mal nach Europäischer Sozialfonds oder Europäischer Regionalfonds und anderen Fördertöpfen googeln und überlegen, was es bedeutet, wenn diese ganzen Projekte barrierefrei wären. Allein schon die ganzen geförderten Baumaßnahmen – denn es ist nach wie vor eine falsche Annahme, dass in der EU neue Gebäude grundsätzlich barrierefrei gebaut werden.

Der Präsident des Europäischen Behindertenforums, Yannis Vardakastanis, kommentierte die Entscheidung der EU-Minister wie folgt: „We are extremely satisfied with this decision and in particular with the key and active support of the European Parliament since we initiated this important campaign. The potential impact of this political agreement is so significant that it will change the face of our cities, our public buildings and transport systems.“

Behandlung von Kontinenz

Wer bislang dachte, nur Inkontinenz sei eine ernstzunehmende Sache, hat noch nicht die Webseite der Firma Hollister gelesen:

„Nach vorsichtigen Schätzungen sind weltweit rund 44 Millionen Erwachsene von Kontinenz betroffen. Wir bieten ein umfassendes Produktsortiment für das Management und die Behandlung der Kontinenz an.“

Ich kaufe die Silbe „In“ und rate zum Wechsel des Texters.

Willkommen

Ein herzliches Willkommen den Lesern von Hal Fabers „Was war. Was wird“. Nehmt Platz und schaut Euch um. Kalte Getränke stehen im Kühlschrank.

Hafengeburtstag

Schild am Fahrstuhl

Und man glaubt gar nicht, wie viele Gehbehinderte auf dem Hafengeburtstag waren. Den meisten sah man das nicht mal an…

P.S.: Wer es nicht lesen kann, auf dem Schild steht:

Sehr geehrte Fahrgäste!

Dieser Aufzug steht während des Hafengeburtstags nur gehbehinderten Fahrgästen und Fahrgästen mit Kinderwagen zur Verfügung. Wenn Sie diesen Aufzug anfordern, kann es einen Moment dauern bis er für Sie zur Verfügung steht.

Diese Maßnahme ist leider notwendig, da es aufgrund der hohen Besucherzahlen beim Hafengeburtstag sonst zu einer Überbelastung der Aufzüge kommen würde. Die Aufzüge müssten dann außer Betrieb genommen werden.

Wie bitten um Ihr Verständnis.
Hochbahn

Krüppel und Invalide

Wer glaubt, die Begriffe „Krüppel“ und „Invalide“ kämen im Wortschatz eines Journalisten im Jahr 2006 nicht mehr vor, liest wohl nicht die taz.

Europäischer Protesttag

Heute ist der Europäische Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen. Jedes Jahr am 5. Mai versuchen die Behindertenverbände das mediale Interesse auf ihre Forderungen zu lenken – meist mit mässigem Erfolg. Zudem erheben sich dann auch Politiker aus den hinteren Bänken, um wenigestens einmal im Jahr ihr behindertenpolitisches Engagement auf der To-Do-Liste abzuhaken.

Ich halte mich durchaus für behindertenpolitisch gut informiert, aber dass es einen „Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion für Menschen mit Behinderungen und Sozialhilfeempfänger“ (das ist der offizielle Titel!) gibt, war mir bislang neu. Schön auch, dass man Synergieeffekte nutzen möchte und Jörg Rohde – so heißt der Volksvertreter – behinderte Menschen und Sozialhilfeempfänger gleich gemeinsam betreut. Behinderte Menschen arbeiten ja eh nicht und kriegen Geld vom Staat – oder was soll dieser Titel aussagen?

Da passt es auch ganz gut, dass Herr Rohde zum 5. Mai fordert, den Kündigungsschutz für behinderte Arbeitnehmer abzuschaffen. Über den Kündigungsschutz kann man ja diskutieren. Aber vielleicht besser in einem anderen Rahmen? Und nicht, ohne sich vorher ausgiebig informiert zu haben. Darüber zum Beispiel, ob der Kündigungsschutz nicht doch wichtig ist, wenn Menschen erst im Laufe ihres Berufslebens behindert werden und jemand nach einer Krankheit oder einem Unfall weiter beschäftigt werden möchte. Nicht alle Arbeitgeber empfangen den ehemals nicht behinderten Arbeitnehmer wieder mit offenen Armen, wenn er plötzlich blind, gehörlos, chronisch krank oder im Rollstuhl sitzt. Und Herr Rohde sollte sich auch darüber informieren, dass der Kündigungsschutz in erster Linie besagt, dass behinderte Arbeitnehmer nicht ohne Zustimmung des Integrationsamtes gekündigt werden dürfen. Das heißt aber im Umkehrschluß, behinderte Menschen dürfen sehr wohl gekündigt werden. Das Integrationsamt stimmt in der großen Mehrheit der Fälle der Kündigung sogar zu – und zwar laut Gesetz innerhalb eines Monats. Wenn man sich überlegt, dass diese Kündigungsregelung vielleicht dazu führt, dass ein Dachdecker, der vom Dach fällt und anschließend querschnittgelähmt ist nach Rücksprache mit dem Integrationsamt weiter im Büro der Firma arbeiten kann, regt mich die Regelung nicht wirklich auf.

Ich hätte mir von der FDP gewünscht, dass sie mal die wirklichen Einstellungsbarrieren behinderter Menschen auf dem Arbeitsmarkt diskutiert: Bauliche Barrieren und Barrieren in den Köpfen potenzieller Arbeitgeber. Der Kündigungsschutz wird häufig vorgeschoben, wenn man nicht zugeben will, dass man Berührungsängste oder Vorurteile hat und sich deshalb gegen den behinderten Bewerber entscheidet. Schafft man den Kündigungsschutz ab, erreicht man vielleicht, dass die Ausreden blöder werden. Nur damit ist ja niemandem gedient.

Wortfeld für Grimme Online Award nominiert

Alexanders Blog Wortfeld ist für den Grimme Online Award nominiert. Herzlichen Glückwunsch! Meine Stimme geht an Wortfeld. Zur Abstimmung gehts hier.

Ich kann jetzt sagen, ich habe mit jemandem im Oberseminar an der Uni gesessen, der für den Grimme Online Award nominiert ist. Cooool!

Rollstuhl der Zukunft

Wenn ich mir so die neuesten Entwicklungen im Bereich Rollstühle ansehe, komme ich mir vor als würde ich Oldtimer fahren. Seit mehreren Jahren gab es bei den Rollstühlen keine wirklich herausragenden Entwicklungen. Nachdem die Aktivrollstühle auf unter 10 Kilo Gewicht zusammen gestaucht waren und man mehr Farben zur Auswahl hatte als beim Autokauf, war erstmal Stillstand angesagt. Früher musste ich noch alle vier Jahre einen neuen Rollstuhl haben – schon alleine um die neueste Technikentwicklung mitzumachen und farblich will man ja auch mit der Zeit gehen. Heute hänge ich an jedem meiner Rollstühle, weil ich einfach perfekt darin sitze.

Doch am Technologiehimmel erscheinen Entwicklungen, die zwar wohl noch nicht ganz ausgereift sind, aber ungefähr erahnen lassen, wohin die Reise geht. Als Johnson & Johnson vor ein paar Jahren auf der Rehacare den ersten Rollstuhl vorstellte, der Treppen steigen kann, staunten die Anwesenden nicht schlecht. iBot heißt das Ding (nein, Apple hat nicht mitentwickelt), das derzeit nur in den USA zum Preis eines Mittelklassewagens zu haben ist. Aber so richtige Jubelschreie höre ich nicht, was den iBot angeht. Vielleicht weil die USA schon so weit barrierefrei ist, dass der Nutzen den Preis nicht rechtfertigt?

Eine weitere Variante eines Hightechrollstuhls kommt ebenfalls aus den USA: Der Tankchair. Der Rollstuhl gleicht mehr einem Panzer und ich möchte gar nicht daran denken, was passiert, wenn man jemandem damit über die Füße fährt. Aua! Und mal ehrlich, wer braucht so ein Ding? Wenn ich nicht gerade auf 2000 Meter Höhe in einer Schweizer Berghütte wohne und Reinhold Messner imponieren will, ist das Gerät für mitteleuropäische Verhältnisse doch etwas überdimensioniert.

Da finde ich schon interessanter, was aus Japan kommt: Zwei Beine mit Sitz, die Treppen laufen (Foto). In die Kategorie Rollstuhl fällt das Gerät aber wohl eher nicht. Und so recht anfreunden, kann ich mich damit auch nicht. Es erinnert mich etwas an einen Kamelrücken, auf dem man hin- und hergeschüttelt wird und ich frage mich schon, wie sehr sich eigentlich der Mensch der Architektur anpassen muss. Sollte das nicht eher umgekehrt sein? Und wollen wir zukünftig alle alten Menschen in so ein Teil setzen, weil sie die Treppen nicht mehr hoch kommen?

Und wie soll man damit tanzen? Zudem müsste ich auf meine funky Vorderräder verzichten. Die blinken nämlich beim Rollen. Also am Designfaktor müssen die Japaner noch arbeiten. So lange fahre ich dann doch weiter Oldtimer. Und eine Stufe fährt der auch jetzt schon.